Veloverlad – ein interessante Blog, glaubzmer

29/06/2012

Live dabei: Von Bellinzona ins Rheintal

Filed under: Fahrradmitnahme,Tessin,Unterwegs — Schlagwörter: , , — Hotcha @ 06:27
Sie sind hier schon richtig, Server went down, will be fixed soon – Sie werden vorübergehend auf diesen meinen neuen Blog umgeleitet – Calypso Now etc. will be up again soon

07:30

Die Hotelbar ist total leer, still. Sonst ist hier bereits ab 6:00 ein rechter Betrieb, Eingeborene beim Espresso, Gestikulieren, Multitasken (Zeitung durchblättern, Gipfeli mampfen, gleichzeitig telefonieren). Es sei Ferien, alles geschlossen, er werde nachher auch schliessen, sagt der Patron.

08:30

Ich versuche meine Reservation im Postauto vorzuverlegen – was will ich hier noch, die Stadt ist wie ausgestorben.

Info:

Für das Postauto muss man reservieren, es nimmt Velos mit! Zwei Stunden dauert die Fahrt nach Chur, über irgend einen Pass hier. Nachtrag: Es ist der San Bernardino.

08:34

Zu viele Rollkofferschlepper warten hier auf den Bus, ich lege mich doch lieber noch ein Stündchen hier am gemütlichen altertümlichen Bahnhof auf ein Bänklein oder in eine Blumenrabatte (ui, der Geruch – Ammoniak, Pisse?)

Das schöne an den alten Bahnhöfen: Die haben noch richtige WC-Anlagen, gratis!

9:30

Super – diesmal hat es noch mehr Rollkoffer, die auf das Postauto warten. Und eine ganze Schulklasse, Neunteler auf Abschlussreise offensichtlich. Die sich schon blonde Sorgen machen, ob wohl alle Platz finden würden. Die Lehrerin sagt ihnen, was sie tun müssen: „Dir müend aifach sofort d’Plätz bsetze!“ Schöne Aussichten…

Wir wuchten unsere Gepäckstücke in den Bauch des Busses, währenddem die Schulklasse den Bus stürmt. Ich hänge noch mein Velo hinten an, es hat übrigens Platz für vier oder fünf Velos in der Aufhängevorrichtung. Komme als letzter zum Bus hinein, der Chauffeur, gestresst, will nicht mal mein Billet sehen, ihm langt meine mündliche Bestätigung. Da sehe ich, oh Wunder, gleich zu vorderst einen freien Platz neben einem der Schüler. Ich setze mich sofort hin, worauf „Do isch aber scho bsetzt“, und ich nur „Was bsetzt?“, und mache definitiv klar, dass ich hier sitzen bleiben würde. Hahaha.

Die Lehrerin: „Wir haben hier reserviert“, und ich „Sicher nicht“… Bleibe sitzen. Höre ein paar Schlämperlige, zuerst von der Lehrerin, dann von den Kindern, so im Stil „Alte Sack, sicher 50, näi, 60“ – hahaha. Und „es git Lüt, für diä häts kä Platz uff däre Wält“… Na ja, bei der vorbildlichen Lehrerin kein Wunder.

Zum Glück bin ich als sporadischer Pendler durch überlastete Bahnhöfe (Biel, Bern) abgehärtet. Hehehe.

09:48

Danach aber ist Ruhe, die Kinder holen ihren Schlaf nach. Der Schüler neben mir hat sich nach hinten zu seinen Kollegen verzogen. Na ja. Mich hat er nicht gestört. Nochmals he he he?

12:00

Chur. Suche ein Restaurant. Aber irgendwie behagen mir die Angebote nicht. Hinterm Bahnhof, ein bloss alternatives Restaurant, so mit Sprossen auf irgendwelchen Schäumchen, aber sicher auch Fleisch, um doch bei der Wahrheit zu bleiben, aber halt nicht währschaft, das passt mir überhaupt nicht – glücklicherweise ist alles reserviert, sicher 30 oder mehr Plätze in einem lauschigen Gärtlein, so bin des Entscheids enthoben.

Aufgrund von Kritiken auf tripadvisor.fr hatte ich mich ursprünglich für das Hotel Drei Könige interessiert, aber dann sehe ich, auch dort müsste man reservieren. Und der Speiseplan an dem Tag war mir dann doch zu gewöhnlich, siehe Bild.

12:09

Ich nehme den Zug nach Sargans. Von dort aus will ich bis Altstätten fahren, ca. 50 Km auf dem Rheindamm, Höhendifferenz 80 m.

12:40

Kehre im Hotel Ritterhof Sargans ein, der Garten gefällt mir, auf der Tafel draussen ist ein Menü mit Aelplerhörnli und Apfelmus angeschrieben. Teigwaren sind immer gut vor einer langen Fahrt. Meine Ansprüche sind auch nicht allzu gross in dem Moment. Die Webseite voller Platitüden lese ich erst später, übrigens. ‚Seele baumeln lassen‘, ‚behagliches Ambiente‘, ‚gediegene Athmosphäre‘, ‚kulinarische Höhepunkte‘ – da hat jemand den Mund sehr voll genommen, lies weiter….

13:00


Die baumelnde Seele fühlt sich verköstigt und ist vor allem sehr zufrieden mit der freundlichen Bedienung. Die Küche gibt eher zu Kritik Anlass, das habts ja kommen sehen. Suppe fein, aber deutlich versalzen. Salat frisch, aber einfach ein paar Frisé-Blätter, übergossen mit einer crèmigweissen Sauce, hopp hopp. Apfelmus schmeckt so wie jenes aus der Dose. Ich will ja nichts unterstellen, ich hätte fragen können, aber wenn es schon so schmeckt…. Die Teigwaren etwas verkocht, der Koch hat das Nachgaren nicht einberechnet. Kartoffeln sind auch drin, gut so. Ein paar Schinkenstücke lassen sich ausmachen in der grosszügigen Menge heller Sauce. Ich tippe auf Carbonara-Sauce aus dem Päckli. Kurz – eine gute Idee durch lieblose Ausführung unnötig abgewertet.

14:10

Nach einer Stunde Fahrt in der Mittagshitze über einen völlig baumlosen Rheinuferdamm völlig kaputt, wohl ozonoid angeschlagen komme ich in Buchs an – Ende der Fahrt, ich kann nicht mehr. Ruhe mich aus in einer bedenklich desolaten Kleinstadt. Ein stickig stinkiger Bahnhof, Übelkeit steigt hoch. Eine ruhige bäumchenbestandene Einkaufsstrasse, viele Snacks, Imbisse und dergleichen mit Bänken draussen, ein paar Leute verlieren sich vor ihrer Billigkonsumation, Kebab, Pizza, Eistee, Bier – ruhig, zu ruhig, eher trist.

Höhepunkt ist der Tschibo-Laden mit geilen Ipod-Zubehören, Boom-Boxen, violette Ipad-Hüllen für 14.90 – hätte ich einen solchen, hätte ich die ganze Produktelinie gekauft, inklusive eine schreiend farbige, einrollbare Gummitastatur – Pimp Up My Apple, Designer Jobs stürbe tausend Tode. Fehlt noch ein Tschibo-Kleber, um den penetrant leuchtenden Apfel auf dem Bildschirm abzudecken.

15:00

Endlich der Zug nach Altstätten – ich verdurste, der Bahnhof scheint ohne anständige Wasserversorgung, einzig ein dünnstrahliges Bassin bei den Veloständern, belagert von einer ganzen Schulklasse, die ihre Wasserflaschen zu füllen versucht.

15:30

Finde im Brockenhaus Altstätten, gleich neben dem Bahnhof, drei Vintage American Optical Fliegerbrillen, höchsten 60er Jahre, wenn nicht noch älter. Und das, nachdem ich für meine vor einem halben Jahr verzweifelt weltweit Ersatzteile (Bügel) gesucht und mich mit Replikas zufrieden geben musste. Nun schwimme ich in einem Ersatzteillager. Es gibt eine Gerechtigkeit auf der Welt. Glaubzmer.

28/06/2012

Zeitungen: Preisdumping für den Kindle

Filed under: Lesen — Hotcha @ 05:22

Eine Preisliste

  • Die Zeit: 3 Euro (50 % billiger als am Kiosk)
  • Süddeutsche Zeitung: 1.60 Euro (60 % billiger als am Kiosk)
  • Libération: 0.80 Euro (60 % billiger als am Kiosk)
  • Le Monde: 1.50 Euro (40 % billiger als am Kiosk)

Seit ich den Kindle habe, den billigsten übrigens, dieser langt vollkommen, lese ich immer mehr Zeitungen auf dem Gerät, die erste habe ich unterdessen sogar abonniert, die Libération. Im Vergleich mit meinen beiden anderen Digitalabos, die auf dem herkömmlichen Weg direkt vom Verlag ausgeliefert werden, kann ich keine Komforteinbusse feststellen. Ganz im Gegenteil.

Der Kindle trumpft mit dem unerreichten Schriftbild, es liest sich halt tatsächlich wie gedruckt. Nicht so die PDF, die mir Le Temps liefert, oder die HTML-Ausgabe, die ich bei Le Monde beziehe.

Plötzlich sieht PDF alt aus

Die Übertragung per Wlan ist blitzschnell. Kein Vergleich zu den mehreren Mega von Le Temps. Nicht mal das das Originalformat der Zeitung entschädigt mich für das manchmal minutenlange Laden, im Adobe Reader liest es sich nicht allzu komfortabel, das ständige herumzoomen stresst. Komfort geht anders, zumal ich nicht mal markieren oder kommentieren kann wie im Kindle. Und dafür zahle ich immerhin gut 20 Franken im Monat. Irgendwann werde ich mich dieser meiner früheren Lieblingszeitung entwöhnt haben, zumal sie inhaltlich massiv an Gewicht verloren hat. Für den Kindle gibt es sie nicht.

Bald werde ich wohl alles zum Kindle transferiert haben. Le Monde müsste ich dann doppelt bezahlen, da das direkte Abo mit dem Amazon-Abo nichts zu tun hat. Das heisst also, das für den Verlag lukrativere Direktabo werde ich aufgeben.

Überzeugende Navigation bei Amazon

Die Amazon-Ausgaben werden von Amazon selber zusammengestellt, formatiert und exklusiv verkauft. Heute hat sich das System so eingespielt, dass die kompletten Inhalte übernommen werden. Die Navigation ist immer die gleiche, bei allen Zeitungen. Hat man sich daran gewöhnt, ist das richtig angenehm.

Die Zeit auf dem Kindle

Ich kann durch die Zeitungsbünde navigieren und sehe rechts eine Liste der Artikel. Oder ich kann sequentiell durch die Artikel brausen. Ich habe mir angewöhnt, zuerst die Anzahl Wörter eines Artikels anzuschauen und so das lästige Kurzfutter allenfalls zu überspringen. Eine Fortschrittsanzeige unten am Bildschirm zeigt mir diskret an, wo in der Zeitung ich mich ungefähr befinde.

Wer macht hier das Geschäft?

Ich frage mich, wo das Interesse der Verlage liegt. Wenn ich davon ausgehe, dass Amazon 30% vom Verkaufspreis einbehält, kassiert die Süddeutsche zwar jedesmal 1 Euro für einen zusätzlichen Verkauf ihrer Inhalte an Amazon, das wie ein Aggregator funktioniert. Zudem wird ihnen die Adresse des Kunden mitgeteilt. Zusätzlichen Aufwand hat der Verlag nicht.

Aber die Kindle-Ausgabe löscht die Werbung der Druckausgabe. Da der Leser auch nicht auf die Seite des Verlags geht, zählt die über Amazon verkaufte Ausgabe überhaupt nicht für die Werbung. Da geht etwas nicht auf, da Zeitungen sich doch zur Hauptsache über Reklame finanzieren. Wie auch ich werden sich bestimmt weitere bisherige Leser für die Amazon-Ausgabe entscheiden.

Werden die Verlage mir nun E-Mail-Werbung schicken und sich so schadlos halten? Wie werden sie diese Zahlen gegenüber den Agenturen ausweisen, rechtfertigen? Wo ist ihr Interesse? Gibt Amazon ihnen noch mehr über mich bekannt? Werden sie es mit anderen Bewegungsdaten von mir ergänzen können?

Ich rechne mit einer starken Zunahme von Spam-Mail, von mir durch den Kauf bei Amazon stillschweigend genehmigt. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.

Für mich sieht es so aus, als ob wir im Moment in einer Übergangsphase stecken, alle Spieler werden versuchen, irgendwie ihr Schäfchen ins Trockene zu bringen. Die Warenhäuser Amazon, Apple und Google versuchen sich als dominierenden Verkaufskanal zu etablieren. Den Verlagen geht es darum, zu retten, was zu retten ist. Der Verkauf über Amazon scheint mir irgendwie panikgetrieben. Ob das am Ende aufgeht?

Irgendwie erinnert mich das alles an das Rotkäppchen-Dilemma: Der Wolf täte es gerne fressen, würde er es aber tun, gäbe es sein Märchen nicht. Noch braucht der Wolf das Rotkäppchen. Irgendwann aber wird er es verschlucken. Glaubzmer.

27/06/2012

Gestern begeistert, heute schon verwöhnt

Filed under: Essen,Tessin — Hotcha @ 10:00

Gestern abend habe ich zum zweiten Mal innerhalb einer Woche die Spaghetti Frutta Di Mare bestellt, aber ich wusste schon vorher, sie würden mir nicht mehr so schmecken wie beim ersten Mal. Damals war ich noch enthusiastisch. Ich war schon oft enthusiastisch, hier in Bellinzona.

Lôro

Vor einigen Wochen habe ich die erste Tessiner Beiz entdeckt, die mich umhaute. In der Höhe, halbwegs wenigstens, über Giubiasco, Richtung Valle Morobbia, das Dorf heisst Lôro, eine wirklich schöne Beiz, ein heller gekalkter Bungalow aus den 60er Jahren, Pergola, üppiger Parkplatz, die Gäste allesamt vom Typ Strassenarbeiter. Es wird viel gebaut dort oben… Zuerst Teigwaren, Salat, dann Kaninchen mit Polenta, war glaubs um die 15 Franken. Fein. Charmante Bedienung, die gerne französisch spricht. Ich auch.

Ehrlich gesagt vermeide ich es im Tessin deutsch zu sprechen – wird schon einen Grund haben, wir wollen jetzt nicht grübeln. Lieber noch radebreche ich in einem sehr ungefähren italienisch, für mich ist das einfach, ich hoffe, dem Gegenüber geht es genau so.

Wenn ich heute an dieses Essen, diese Offenbarung zurück denke, merke ich, ich bin unterdessen schon viiieeel weiter. Ich brauche einen stärkeren Kick.

Hotel Gamper, Bellinzona

Den hatte ich wie gesagt bei den Spaghetti Frutta Di Mare im Hotel Gamper, Bellinzona. Hin und weg war ich. Sie sind auch sehr gut, es gibt Viel, viele Moules und Vongole, eine sämige Tomatensauce klebt über dem Ganzen, alles ist sehr würzig. Drei Käfer waren auch drin, einer davon richtig gross, sogar die Zangen waren ein wenig essbar.

Spaghetti Frutta Di Mare, Hotel Gamper, Bellinzona

Dass das Brot altbacken war, der Wein sauer, die Rechnung eher hoch, das hat mich alles nicht gestört. Wobei, was heisst schon eher hoch? Um die 50 Franken waren es, mit einem anständig grossen Mischsalat, einem Grappa zum Abschluss – nicht ungewöhnlich, dass man hier soviel für ein Nachtessen ausgibt. Dafür isst man dann auch wirklich zufrieden – es sei denn, man sei verwöhnt.

Terrazza Da Toni, Bellinzona

Menü bei Terrazza da ToniDie Verwöhnung setzte ein, als ich die Terrazza Da Toni entdeckte. Eine relativ simple Beiz, winzige Küche, deren Tür zur grossen Terrasse aber immer geöffnet ist, viele Stammgäste, die ein „Salve Toni“ in den engen Raum hineinrufen, sich in grösseren und kleineren Gruppen an die gemütlichen Terrassentische setzen, und Zack, schon wird vom freundlichen, manchmal gar herzlichen Personal aufgedeckt. Zu Mittag gibts entweder die Pizza des Tages, mit 3 dl Getränk nur 15 Franken. Nur, weil Toni macht wahrscheinlich die beste Pizza am Ort, in seiner kleinen Küche, magisch.

Ich hatte jeweils immer das Menü, 19 Franken für zwei Entrées, Teigwaren und Salat, einen Hauptgang, manchmal währschaft, wie das Foto hier zeigt, da drehe ich durch. Das Dessert schaffe ich nicht immer, manchmal aber ist auch das Dessert unglaublich fein, so letzthin Vanilleglacé mit heisser Aprikosencrème!
Pizza bei Terrazza da Toni
Nachdem ich auf tripadvisor.fr über die Pizzen bei Toni gelesen hatte, musste ich sie versuchen. Am Donnerstag abend wars, als wäre es erst vor 5 Minuten gewesen. Ich hatte die beste Pizza meines langen Lebens.

Das erste mal, dass ich eine wirklich genau richtig gebackene Calzone sehe. Und die Füllung nicht einfach lieblos nach dem Motto „Masse Masse Masse der Kunde merkt ja eh nix, Calzone-Esser sind ja nur an der Menge interessiert“.

Wenn ich das noch ausführen darf: Wie oft schon war ich nach dem Aufschneider der meist doch eher blässlichen Calzone enttäuscht, darin vor allem einen grossen grossen Haufen billigen Schinkens mit Büchsenchampignons und zähem Käse vorzufinden. Sicher, ab und zu mit einem Ei, meistens mit zwei, drei Sardellen, die einzige Zutat, die dem Haufen Geschmack verleiht.

Bei Toni hingegen: Die Füllung gerade richtig, das meiste ist heisse Luft. Messer reinstecken, tief einatmen, schwärmen. Bei 40 cm Länge genug auch für den grössten Hunger. Glücklicherweise musste ich an dem Tag das Mittagessen überspringen, jetzt haben die bei Toni das Gefühl, ich sei ein grossartiger Esser, ein anständiger Mann eben, ein guter Charakter. Nur ein kleiner Rest ist übrig geblieben. Foto siehe unten. Ob ich das je wieder schaffe? Denn bald bald bald werde ich wieder auf der Terrazza sitzen, so ca. in einer halben Stunde!
Pizza bei Terrazza da Toni - der Rest

Deshalb noch schnell: Fazit

Was mich vor drei, vier Wochen noch zu lauten Jubelarien verleitet hätte, prüfe ich heute mit kritischem Auge: ein in Sauce ertränkter Salat, eine nur schon leicht gummige Pizza, eine nur schon ein wenig dubiose Fleischsauce, gewöhnliche Golden Frites – schon ist das Restaurant auf meiner Negativliste, es wird höchstens noch aufgesucht, wenn Toni geschlossen hat. Was leider an den Abenden unter der Woche der Fall ist.

So, aber nun muss ich husch husch hin zur Terrazza. Ich freue mich schon riesig. Bin auf Entzug. Glaubzmer.

25/06/2012

Liveblogging ist der neue Journalismus?

Filed under: Fahrradmitnahme,Tessin,Unterwegs — Schlagwörter: — Hotcha @ 10:45

Habe ich heute morgen am Radio gehört. Gut, die Aussage ist sicher arg verkürzt wiedergegeben, sie fiel im Verlauf eines längeren Gesprächs auf Radio Romande mit einem Redakteur von Le Monde, die eine Art Akademie für neuen Journalismus ins Netz werfen.

11:30

Komme vom Zahnarzt, wo ich mir die Fäden habe ziehen lassen. Muss auf’s WC. Beschliesse, im Café Brésil auf dem Bieler Bahnhofplatz eine Cola zu trinken und zu pissen. Eigentlich in umgekehrter Reihenfolge, doch an der WC-Tür prangt unübersehbar ein filzgeschriebenes Schild: WC 2 Franken für Passanten. Kein Problem, ich will ja was bestellen. Doch die Tür ist verschlossen, meine Frage nach dem Schlüssel wird zuerst mit einem Hinweis auf die Kosten beantwortet, „WC kostet 2 Franken“, posaunt die Buffethilfe durch das Lokal. „Ich will ja was bestellen….“ „Was wollen Sie bestellen?“, gellt es wieder. „Nachher, jetzt muss ich mal“ – doch den Schlüssel würde ich erst kriegen, wenn ich jetzt vor der WC-Tür stehend eine Bestellung abgeben täte. Wo sind wir denn? Ich verlasse das Lokal, bei Guitol’s Atomic Café, gleich nebenan, darf ich zuerst pissen und nachher bestellen

12:00

Pisse noch mal, verlasse dann das Atomic. Kaufe ein Sandwich für unterwegs, in der Bäckerei auf dem Bahnhofplatz. Vollkorn mit Rohschinken – nicht schlecht, zwei Scheiben Rohschinken, Schnittsalat, sonst aber nicht viel mehr. Das kann man mit wenig Aufwand besser machen. Zum Glück habe ich noch ein Tomaten- und ein Olivenbrötli dazu gekauft, die waren mir schon letzte Woche willkommener Proviant, noch am Abend nach Ankunft im Hotel. Heute dieselbe Reise

12:15

Verlade das Velo mit den zwei glücklicherweise wasserdichten Saccochen, gleichzeitig kommt der Rollstuhlfahrer, der jeweils sehr lautstark mit allen Buschauffeuren, Kondukteuren und sonstigem SBB-Personal schwatzt: „Salü, Housi, ou wider do“, brüllt es über das ganze Perron. Ein sehr kommunikativer Mensch. Manchmal auch peinlich, wenn er über die „Ussländer“ herzieht, nachdem er jemanden zuerst in ein Gespräch verwickelt hat.

12:25

Zug fährt, unterwegs nach Bern

12:40

Wo kommen bloss all die Leute her, die in Lyss zusteigen? Wo wollen die bloss hin?

12:46

Ankunft in Bern – am Sieben Ab fährt der Zug nach Brig

12:55

Da ich weiss, dass nun bis Bellinzona keine schlaue Beiz mehr auftaucht, halte ich Ausschau nach einem Kaffee. Ein Segafredo bietet allerhand moderne Kaffeemixgetränke an, diese bescheuerten, aus den USA importierten Modekaffees. Ich muss eine Zeitlang suchen, bis ich in der Mitte der Karte einen gewöhnlichen Kaffee entdecke, Lungo heisst er. Das bestelle ich, und gleichzeitig erschrecke ich – was wird das für ein Gesöff sein, das Lungo heisst? Sicher wässrig. Ich rufe der Bestellung hinterher, er soll nur eine Mezza Lungo machen, vorher zurückziehen.

Keine Antwort. Heisst das nun, er hat es nicht gehört? Ich sehe, der Kaffee wird nicht zurückgezogen. Als es ans Einkassieren geht, reklamiere ich, er habe ja nicht zurückgezogen. Stellt sich heraus, der Kaffeemaschinenbediener hat das Wasser vorher abgestellt. Wieder mal typisch: Man fragt, sagt, bestellt etwas. Antwort kommt keine. Man wiederholt seine Frage, Sage, Bestellung. „Jaja ich habe auch nur zwei Hände“, kommt dann die Antwort, mit Garantie. „Ja, aber kein Maul“, ist man versucht zurückzublaffen.

13:00

Wuchte mich mit meiner glücklicherweise relativ geringen Bagage, dem Velo und dem Kaffee in den Zug. Pisse zuerst mal. Man weiss ja nie, ob dann nicht plötzlich stundenlang besetzt ist.

13:11

Wo bleiben die Rentnerehepaare hier im Zug? So entfällt leider das immer wieder schöne Schauspiel, Wandersleute beginnen ihre Uhren anzustarren, im Minutentakt wird die Verspätung kommentiert. Nichts dergleichen. Würde ich nicht live bloggen, wäre es mir vermutlich nicht aufgefallen: Wir sind mit 4 Minuten Verspätung losgefahren. Kein Wunder, haben die Züge in Brig regelmässig längere Verspätungen.

13:13

Gleich lege ich den Blog weg, um ein bisschen im erst gestern eingekauften Les Strauss-Kahn weiter zu lesen. Auf dem Kindle. Spart mir wieder mal mindestens zwei Kilo Gepäck, ich werde ja eine ganze Woche im Tessin sein, fernab jeglicher Lesekultur. Bellinzona hat zwar zwei Buchhandlungen, darunter die legendäre Libreria Casagrande, aber liest offenbar nur italienisch. Ich halt nicht.

13:25

Da die 3G-Verbindung nun schon mal steht, schaue ich schnell noch bei 6-vor-9 vorbei. Sechs ‚handverlesene‘ Links. Wie so oft wird kalter Käse serviert, den Spiegel-Artikel über Lothar Matthäus habe ich schon am Freitag über Rivva gelesen. Zudem stelle ich mir unter ‚handverlesenen Links‘ etwas anderes vor als Hinweise auf Artikel in Spiegel, Stern, Taz, Heise oder gar Verlinkungen von Videos. Von sechs Links zeigt heute nur genau einer auf einen Blog, magere Ausbeute, aber so ist es in letzter Zeit oft.
Bei Rivva ist es nicht viel besser. Auch dort wird immer mehr auf die grossen Verlage verlinkt. Als ob ich nicht selber in der Lage wäre, periodisch die einschlägigen Adressen von Spiegel Stern pipapo abzuklappern. Die Lage scheint wirklich verzweifelt: Am Samstag etwa war dort an prominentester Stelle, ganz oben, ein Blog verlinkt, wo eine Karin Friedli ihre Absicht kund tut, nun jeden Tag einen Gegenstand loszuwerden. Spannend…. Ri vadis?

Wenn mal was interessantes auftaucht, verschwindet es gleich wieder, so scheint es. Das war am Wochenende bei Rivva angezeigt, als ich es lesen wollte, schon gelöscht. Warum wohl? Habe es dann im Google-Cache gelesen, jetzt verstehe ich noch weniger, warum es gelöscht worden ist. Hype? Teaser? Honeypot?

13:45

Die Verbindung wird kritisch, immer wieder fällt sie ins langsame Edge zurück. Sind halt in den Bergen, bei Spiez.Spiez Wie das wohl die Live bloggenden Journalisten machen werden, in so einem Fall, Bericht von einem Bahnreisli mit Alt-Bundesrat Adolf Ogi etwa (der in letzter Zeit plötzlich wieder extrem präsent ist, ist wohl was im Busch?)?. – Glücklicherweise macht die Webcam des Notebook kleinste Bilder, ab 3 Kilo. Das hier ist fast doppelt so gross, mit 5 KB.

14:15

Wir kommen in Brig an. Vorher noch schnell beim Mitreisenden mit dem Sony-Reader vorbeigeschaut, um PDF auf dem Gerät auszuchecken. Er hat leider keine. Noch schnell Pissen vor dem Aussteigen.
Will am Bahnhof ein Wasser kaufen. Die Bäckerei im Gebäude hat leider nur Mineral um die 3 Franken. Zudem aus dem Kühlschrank. Muss ich noch mehr pissen. Nein danke. Sowieso, der Preis ist jenseits. Sollen sie an die Japaner verkaufen. Sehe zwar grad keine hier. Ausnahmsweise. Für sie muss die Gegend einfach paradiesisch sein. Kunststück, mir geht es ja genau gleich.

14:23

Unterwegs mit der Matterhorn Oberland Bahn nach Göschenen, das wird jetzt etwa 2 Stunden durch die Berge ruckeln, mit einer nur sporadisch funktionierenden Edge-Verbindung, Kriechspur ins Internet. Mal schauen, ob ich da weiter live bloggen kann.
Unterwegs mit der MOB

15:24

Während Dörfli um Dörfli vorbei döst, lese ich in ‚Les Strauss-Kahn‘ – momentan ist DSK abgehalfterter Wirtschaftsminister der Regierung Jospin. Jospins Versprechen, keine Minister unter Anklage weiter zu beschäftigen, wurde eingehalten. Anne Sinclair kauft einen königlichen Palast in Marrakech und lässt ihn über zwei Jahre umbauen. Es muss ein ganz wunderbares Anwesen geworden sein, mit einer kleinen Dienerschaft rund ums Jahr, Brunnen, Becken, Garten – und das alles mitten in der Medina. Atemberaubend muss es auf die noblen Gäste aus Paris gewirkt haben. Ein Trostpreis für ihren Dominique, um sein Comeback in angenehmer Athmosphäre abzuwarten.

Während dieser Zeit werden seine jungen, gewieften Berater in einer PR-Agentur parkiert, eingestellt von den Besitzern, DSK zu Gefallen. Eine Investition in die Zukunft, der Mann ist schliesslich noch nicht abgeschrieben, gestolpert über eine simple Formalie, sozusagen, etwas aus der tristen Sphäre der Kleingeister.

Liest man dies, wie sich ein Klüngel auf die Machtübernahme vorbereitet, ihren Chef vergöttert, sich durch die Nähe selber Bedeutung verschafft – erstaunlich ist dies alles nicht, so läuft es oft, aber total schockierend ist es doch. Wir lesen hier nämlich über Sozialisten. Deren Sozialismus scheint nicht sehr politisch, sondern es ist der Sozialismus einer Carla Bruni: Chic gauchiste. Lifestyle.
Bruni hat ja nach ihrer Heirat mit dem Mann mit den hohen Schuhen für ihren damaligen Sozialimus wenig gute Worte gefunden: Es sei halt ein Cliquending gewesen. Als ob wir das nicht gewusst hätten.

Unsympathische Leute allesamt.

16:14

Man hat den Eindruck, der Zug fahre durch Gebirgstäler, über wilde Bergbäche, vorbei an artenreichen Wiesen, wie ich sie als Kind überall angetroffen habe, um Biel herum. Vielleicht müsste ich wieder mal spazieren gehen, vielleicht sehen ja die Wiesen bei uns auch so aus?

Hier ist typisches Heidiland, „in wenigen Minuten treffen wir in Andermatt ein“. Nass und neblig, dicke Schwaden auf den Bergkuppen wurden zu zähem Brei hier im Tal, Windjackenzeit. Die Kreuze, die an manchem Stein- oder Holzhaus hängen, erinnern uns daran, das ist hier eine Hochburg des Aberglaubens. War es nicht im Wallis, dass kürzlich ein Lehrer seine Stelle verlor, weil er das Kreuz im Schulzimmer abgehängt hatte?

16:47

Ankunft im feuchtkalten Göschenen, der Zug ins Tessin wartet schon, hier drin auch abgestandene Kälte. Ich höre grade von anderen Passagieren, das WC ist zugeklebt. Gut, habe ich noch bei der MOB profitiert.

Wir warten offensichtlich auf den Bus – die Normalstrecke ist ja unterbrochen, der Gotthard wird mit Bussen befahren. Ich bin mit der Bergbahn gefahren, damit ich das Velo mitnehmen kann. Eine andere garantierte Möglichkeit gibt es zurzeit nicht! Ich fahre jetzt diese Strecke zum dritten Mal, der Umweg schreckt mich nicht mehr, es lässt sich halt angenehm lesen, bloggen, träumen, schlafen während dieser fünfeinhalb Stunden.

17:09

Airolo, wir sind wieder in der Zivilisation angelangt. Die ersten Coiffeusen steigen ein: Shorts, Ballerinas, gestrecktes Haar, Tasche in der Armbeuge. Gibt es tatsächlich soviele Arbeitsplätze im Frisörgewerbe?

17:20

Keine Ahnung, wo wir genau sind, aber ich muss mein Glücksgefühl unbedingt hier herausjauchzen: Tessin, deutlich wärmer, alles wird gut.

Im August muss für ein paar Tage nach Avenches und Posieux, ist grad ein Mail eingetrudelt. Scheint nicht einfach zu sein, dort ein günstiges Hotel zu finden. 500 Franken für 4 Übernachtungen ist schon schwer teuer, heute werde ich genau die Hälfte zahlen müssen (gut, noch 20 Franken weniger, 240/4 Nächte….). Vor allem scheint es nicht einfach zu sein, übers Netz ein Bed&Breakfast dort zu finden, ein erster Versuch wirft vor allem Klickfängerseiten aus („Hotels 1 – 5 Sterne“ – in Posieux oder Avenches? Geht’s noch plumper, um mich auf eine Nullresultatsseite zu locken?)

21/06/2012

Kindle: Aber ja, hahahahaaa, wenn ein Leeeeser – erzehehelt

Filed under: Lesen,Tessin — Hotcha @ 20:53

Wie versprochen: Meine Erfahrungen mit dem Kindle 4, Amazon-locked, welch ein Schreck. Wirklich? Read on…. And on… And on… And on…
Kindle 4Genau so geht es mir. Seit ich den Kindle habe, eigentlich eher versehenlich bestellt, lege ich ihn fast nicht mehr aus den Händen, lese die wildesten Sachen, ersetze Laufmeter an Laufmeter an Büchern durch ein paar wenige Mega auf der 2-Giga-Speicherkarte. Halb voll ist er möglicherweise schon fast, ist aber kein Hindernis, weiter auszubauen. Kann ja auf den PC auslagern.

Der Kindle 4 ist der kleinste, einfachste und natürlich billigste Reader auf dem Markt, der überhaupt was taugt. Rund 120 Eier. Bei mir stand er in Konkurrenz zum Sony Reader PRS-T1, immerhin 200 Dukaten im Ladengeschäft. Als androider Open Sourcer war der Sony eigentlich gesetzt, aber für 200 Kröten gibt’s recht viele Papier- oder E-Bücher, oder ein Jahresabo von Libération auf dem Kindle. Bin ich blöd?

Was sprach für den Sony? Er liest PDF, scheint’s aber nicht sehr toll; er geht per WLan ins Netz, scheint’s aber nicht so toll; man kann damit auch Musik hören, aber dafür habe ich schon genügend Geräte, z.B. das Smartphone; er liest das Gutenberg’sche Epub-Format, und das war das Wichtigste. Ich war auch sehr angetan von der Möglichkeit, mit einem Stift Notizen zu zeichnen, in die Bücher zu kritzeln.

Und nun habe ich trotzdem den Kindle. Und möchte nicht mehr tauschen. Ich möchte auch keinen anderen, grösseren und damit auch schwereren Kindle, einen mit Tastatur oder Streichelbildschirm. Es gibt absolut keinen Grund dafür. Zumal ich auch beim kleinen, 180 Gramm schweren Klein-Kindle Anmerkungen machen kann – tue ich selten – und ich wichtiges unterstreichen kann, um es dann in einem Buchauszug wieder zu finden, als Sprungmarke zurück ins Buch. Bewährt sich total gut für Fachliteratur, die man diagonal durchliest und die Highlights bzw. das, was man brauchen kann, markiert. Wirklich, ausgezeichnet. In jeglichem Sinne.

Zunächst mal habe ich auf dem Kindle bereits die wichtigsten Klassiker der mir so lieben französischen Literatur des 19. Jahrhundert. Will ich noch mehr, brauch‘ ich unbedingt mehr Lesezeit. Dumas, Flaubert, Stendhal, Zola, Balzac, der grosse Michelet! Etwas Rousseau (wer will das schon alles lesen?), einzig von Chateaubriand fehlt mir bisher ein Band seiner Memoiren – den werde ich halt gelegentlich auf Papier kaufen, aus unerfindlichen Gründen ist es derselbe, der mir in den Pléïades abhanden gekommen ist. So, Ende Bildungshuberei, aber das musste jetzt sein. Ah, noch nicht fertig, Victor Hugo, Daniel Defoe (english), dann die ganzen Zeitungsfortsetzungsromänler wie Eugène Sue, Paul Féval, den ganzen Rouletabille, es hört nimmer auf – von George Sand bin ich abgekommen, seid ich ihr dümmliches Mallorca-Buch gelesen habe. Schade, die Idee mit dem schwülstigen Orientalismus war gut.
Kindle Shop
Also, all diese Sachen gibt’s bei Amazon, sei es gratis in Einzelausgaben, sei es in Gesamtausgaben für runde 2 Taler je. Habe ich in den letzten Tagen runtergeladen. Bald sind ja Ferien. Nicht falsch verstehen, ich lese schon jetzt wie halbwild.

Dann gibt’s die Zeitungen: Libération, Zeit, Süddeutsche, Le Monde. Eine Tageszeitung für rund 1.50 Pistolen, die Zeit etwas mehr, deutlich billiger aber als am Kiosk. Teilweise nicht mal halb so teuer. Die Süddeutsche kostet bei uns mehr als 5 Eier! Der bittere Tropfen: Die Zeitungen werden von Amazon zusammen gestellt, nicht von der Redaktion. Am Anfang soll das ein Problem gewesen sein, unterdessen merkt man keinen Unterschied zwischen Original und Kindle-Ausgabe mehr, inhaltlich wenigstens. Die Präsentation ist am Anfang schockierend, irgendwie wird das kleinste Schnipsel aus der Zeitung gleich wichtig wie die ganzseitige Reportage behandelt. Zwei, drei Ausgaben gelesen, und man hat’s im Griff und navigiert darin herum wie im Papierblatt. Vorteil: Überall erhältlich, wo es Wlan gibt. Und nochmals: Der Preis! Wenn ich nur denke, immer dieses Gerenne in den Ferien, um eine halbwegs anständige Zeitung zu kriegen. Heute reicht mir ein Campingplatz in der Pampa mit Wlan-Anschluss, und ich bins zufrieden. Übrigens: Ich suche immer noch einen günstigen Campingplatz in oder um Bellinzona, so für die Zeit um den 6. Juli, wenn ich dann Zeit habe, so hoffe ich wenigstens.

Schweizer Zeitungen gibt es glaub’s noch nicht – habe ich aber nicht überprüft, wozu auch? Dumm ist der Fall bei Le Monde: die habe ich schon elektrisch abonniert, kann sie aber aus dieser Quelle nur auf dem Smartphone lesen. Für den Kindle müsste ich sie ein zweites Mal abonnieren. Im Extremfall würde ich sie halt einzeln kaufen oder für einen Monat abonnieren, 11 Zechinen. Aber das Smartphone habe ich ja immer dabei, ziehe die Zeitung über dessen Wlan-Anschluss herunter, also nicht mal ein künstliches Problem, das. Ebenso die PDF-Ausgabe von Le Temps.

Mehr zu den PDF: kein Spitz, die mit Calibrate oder so nach Kindle zu konvertieren, die Zeilenumbrüche bilden ein total irritierendes Treppenmuster, kein konzentriertes Lesen möglich. Schade, ich hätte gerne die 350 Bände der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe mit mir herumgetragen. Was wären das, rund 10’000 Seiten wirres Zeugs, ich mag so was. Aber dafür habe ich den Panizza gefunden, auch bei Amazon, auch gratis, die waren jahrzehntelang richtiggehend verboten, die Erben schämten sich des punkigen Literaten und klemmten einfach – manchmal konnte man eine Raubkopie finden, aber das ist auch schon 30 Jahre her… Nun ist das Urheberrecht verfallen, so lange ist der Mann also schon tot, 70 Jahre gab es ihn einfach nicht mehr!

Ein letzter Vorteil: Alles, was ich im Amazon Shop zu vollen Preisen gekauft habe, ein paar Fachbücher sind das, kann ich nun auch auf dem Kindle dabei haben. Und was ich nicht von Amazon, sondern vom Verlag direkt gekauft habe, lese ich auf dem Smartphone. So.

In Kombination mit dem internettauglichen Smartphone für mich perfekt. Und der Kindle kostet mich ja jetzt nichts mehr, keine Verbindungskosten, und das Schriftbild ist halt unschlagbar. Kein Vergleich zum Lesen auf den gepixelten Monitoren von Handy, Tablett, Note- oder Netbook.

Die Verbindung von Notebook zu Kindle geht mit dem beigelegten USB-Kabel, zum Aufladen habe ich ein USB-Universalaufladegerät gekauft, war etwa 12 Einerli, damit kann ich nun jedes Gerät mit PowerOnUSB aufladen, das Telefon z.B. Keine Angst, es ist leicht, und etwa so gross wie eine Aprikose.

Hat man ein solches Gerät, merkt man, wohin die Reise der Buchkultur geht. Irgendwann stirbt das Papier wirklich aus, die Geräte werden ihre Software verbessern, und vielleicht bleibt am Schluss ein einziger Anbieter übrig, dann kostet alles wieder wie vorher. Sony hat eine ähnliche Strategie wie Amazon, sie bieten auch vor allem den Zugriff auf die Klassiker von Gutenberg – und die freibeuterhaft eingescannten Google-Books.

Kann sein, dass man allein für diese mal noch den Sony kaufen muss. Wäre das so schlimm?

Für die Hapdick kann man ja anderes anfassen, wenn einem das so wahnsinnig fehlt. Blödes „Untergang der Kultur“-Gejammer.
Pizza Calzona bei Terrazza Da Teo, Bellinzona, ca. 40 cm lang und extrem gut!

Das alles geschrieben nach der besten Pizza Calzone meines Lebens, wirklich. Frische knackige Pilze waren drin, feiner Qualitätsschinken, nicht dieses Gummizeugs wie sonst. 40 cm war sie lang! Und nur Killer drin, keine Filler, wie sonst immer. Danke, Terrazza Da Teo, Bellinzona – bald wieder.Das blieb noch übrig von der Pizza Calzone
PS: die letzten 2 cm habe ich einfach nicht mehr geschafft – zum Glück hatte ich heute kein Mittagessen!
PPS: Vor dem Kauf habe ich hin und her überlegt, Kindle, Sony? Und im Netz nach einem guten Vergleich, einem echten Erfahrungsbericht gesucht, nicht einfach so Techblog „Wir packen mal das Gerät aus und reden über das erste Einschalten“-Rattenfänger-Talk. Habe ich nirgends gefunden. Dies ist also somit der bisher beste Vergleich der zwei Geräte von einem echten Leser, nicht einem Techfuzzy. Ausschneiden und Aufbewahren, zusammen mit den Silva-Pünkten im Wohnzimmerbuffet.

Darum noch ein paar Anmerkungen: Mein Gerät hat Werbeeinblendungen. Ich hätte darauf verzichtet und die 20 Nuggets mehr bezahlt, normalerweise, war aber nicht erhältlich. Nun stören die aber gar nicht, es ist also nicht so, dass die plötzlich beim Umblättern oder so dazwischen funken, sondern in einer längeren Lesepause erscheinen sie als Bildschirmschoner. Also, kein Problem. Zur Akkulaufzeit: Amazon gibt die mit zwei Wochen an, wenn Wlan ausgeschaltet ist. Mit eingeschaltetem Wlan ist er innert ein bis maximal zwei Tagen leer. Aber auch das kein Problem. Wlan muss nur eingeschaltet werden, wenn man einkauft. Dann einfach wieder ausmachen. Das einzige: Bei jedem erneuten Einschalten muss man den Code wieder über die Tastatur eingeben, und dann braucht es manchmal mehrere Versuche, bis die Verbindung steht. Sobald man sich daran gewöhnt hat, findet man den optimalen Zeitpunkt zum hysterischen Gerät in Richtung Router ausrichten – einfach total Zen bleiben, es geht dann schon. Und noch ein Letztes: Die Bildschirmtastatur scheint auf dem Prospekt der Ablöscher, aber so schlimm wie all die Touchscreentastaturen ist sie beileibe nicht. Nur so im Fall.
PPPS: Vorsicht ist angebracht, wenn Leseproben heruntergeladen werden. Ist mir passiert, ich öffne die, klicke ein wenig zu schnell, schon ist der Titel gekauft. Nun, bei 2 Hupen kein Problem, ich hätte ihn aber auch grad zurückgeben können. Einfach aufpassen. – so, und jetzt kauf‘ ich mir noch den Proust, nach dieser Anstrengung hier.
PPPPS: Der Kindle hat ein paar Wörterbücher drauf, Larousse, Duden, englische, italienische, aber entgegen dem nun entstandenen Eindruck kein Synonymwörterbuch. Ist alles von mir geprägt, die Münzen. Glaubzmer!

20/06/2012

Wo die Männer wie pensionierte Badmeister aussehen

Filed under: Tessin — Hotcha @ 16:29

Bellinzona, Bahnhofstrasse, Hotel Gamper, TerrasseWo die Männer wie pensionierte Badmeister aussehen, da ist jetzt mein Zuhause – für die nächsten paar Tage noch. Zum Glück bin ich mit dem Velo da. Ohne hätte ich wahrscheinlich weder mein günstiges Hotel noch die angesagte Arbeiterbeiz gefunden, mit Primo, Secundo, Tertio und Dessert, alles für 19 Franken, Supplement kein Problem. La Terrazza Da Teo, immer Mittags, Do/Fr auch am Abend.

Ein Schweinsknochen aus dem Ofen

Das beginnt zuerst mal mit einem Fuder Teigwaren. Dann ein grosser gemischter Salat, die Sauce hausgemacht in Literflaschen, die von Tisch zu Tisch gehen. Der Hauptgang heute: Irgendein Fussknöchel vom Schwein, im Ofen geschmort, mit echtem Gemüse: Zucchini, Pataten, Rüebli, siehe Foto. Kickt all diese unsäglichen deutschschweizer Jammerwirte mit ihrer Gemüsegarnitur, ihrem Gemüsebouquet ins Abseits – würden sie doch endlich ganz verschwinden, statt hoffnungsvoll in Faulheit ihre Pensionskasseneinlagen zu verbraten, bis dann der Konkursverwalter kommt, kurz danach der hoffnungsvolle Nachfolger, ebenfalls hoffnungslos abschiffend. Wobei mir grad auffällt: Ich habe hier noch kein einziges Fumoir gesehen. Scheint also doch nicht am Rauchen zu liegen, wenn die Beizen nicht laufen. Hier laufen die Beizen. Sieht auf jeden Fall so aus. Ich weiss auch warum: Da wird noch gekocht. Richtig. Nicht einfach aufgewärmt. Und es gibt Sachen, die ich nicht genauso gut bzw. besser selber auch machen kann zu Hause. Diese deutschschweizer Wirte, was setzen die mir vor: Teufel auch, Spaghetti Bolo, Salat aus dem Päckli, Sauce von Knorr; eine der damals besseren Schweizer Bands, Ladyshave, sangen dazu: It’s Coming Up, Es Chunnt Mer Opsi. Zu diesem Thema dann mehr, wenn das neue Buch über Schweizer Punk in den 80ern erscheint, Nachfolger zu Hot Love 1976 – 1980, remember, hier habt ihr es zuerst gelesen. Und ich bin dann drin. Der AutorEndlich Legende. Boost!
Konzertplakat 1983
Der Kaffee kostet hier 2.50, sagte man mir. Im Hotel Gamper, die mit der ausgezeichneten Pizzeria, ich ass hier die besten Spaghetti Frutta di Mare ever, gar 2.30!

Zum Schlafen empfehle ich das Hotel Moderno, so alt wie sein Name, aber sauber, praktisch, sehr günstig, ich glaube das billigste Hotel am Platz, und sympathisch. Ein knochentrockenes Tessiner Ehepaar in meinem Alter hält die Bar unten an der Ecke, oben haben sie ein paar Zimmer, so ein Dutzend, auf zwei Etagen verteilt, WC/Dusche auf dem Gang, gemeinsam. Ich zahle 60 Franken die Nacht, mit Dusche im Zimmer soll es auch geben, das wäre dann 100. Völlig korrekt – unnötigen Tand soll man hoch besteuern.

Das Hotelzimmer, von Ecke zu EckeZuerst hatte ich ein kleines Männerzimmer, ein Bett, etwas Umschwung wie Lavabo, Schrank, 3 Quadratmeter freie Bodenfläche. In der nächsten Woche, also jetzt, wurde ich dann in ein besseres Zimmer einquartiert, eigentlich ein Doppel zur Einzelnutzung, mit Balkon! vom Balkon, Blick zur StrasseHin zur Strasse dafür, vorher war Blick auf den Hinterhof und Ruhe. Jetzt habe ich Blick auf das hupende Leben, das zuverlässig nach dem Fussballmatch beginnt, aber schlagartig um 00:30 aufhört – wilde Jugend! Ob ich das Zimmer deshalb bekommen habe? Nein nein, ich bin halt einfach der sympathische Typ. Nächste Woche kriege ich sicher die Privatwohnung des Ehepaares. Danach werde ich aber dann nicht mehr hingehen, die Tochter ist nicht mein Typ, und ich will auch nicht heiraten.

Man kann in der kleinen Bar auch essen, das Mittagessen ist wie richtig, Osso Bucco stand mal auf der Karte! Mit Kartoffelstock! Es war 30 Grad draussen! Am Abend dann nur Snacks, Toast zum Beispiel, oder die typischen Süssigkeiten aus der Vitrine, trockenes Zeug in farbigen Päckli, glaube ich, ich habe nicht näher hin gesehen, wollte nicht enttäuscht werden. Zum Frühstück, dieses inbegriffen, unverändert Kaffee vom Typ Doppelter Espresso, ein Staubgipfeli (ist viel gesünder als dieses fettige Palmfettzeugs bei uns), hellstes Weissbrot, immer die gleichen zwei Konfitüren, viel Butter. Mir recht. Mit was die anderen Hotels jeweils ihr ‚Frühstücksbuffet‘ aufpeppen, gezuckerte Müsli, gezuckerte Yoghurt mit Palmfett, Hinterstinken äh -Schinken (oder ist der Vordere der Billige?) – ich breche hier mal ab. Draussen wartet das Leben. Hier in Bellinzona. Glaubzmer!

19/06/2012

Trotz Gotthard mit dem Velo ins Tessin

Filed under: Fahrradmitnahme,Lesen,Tessin — Hotcha @ 18:57

Von Bern nach Bellinzona

Durch den Gotthard fährt ja kein Zug mehr, es wird mit Ersatzbussen gefahren. Velos können unter keinen Umständen mitgenommen werden, auch nicht im Tranzbag. Ich habe zwar bei den Mannen in den orangen Signaljacken nachgefragt, die in Göschenen für die Kanalisierung der Zugpassagiere sorgen. Der Tenor ist: Wenn’s Platz hat, nimmt der Busfahrer das Velo im Tranzbag vielleicht mit. Sonst muss man halt warten, und das kann dauern, problemlos eine Stunde. Das bedeutet: Auch mehr.

Vom Zug aus fotografiert, Matterhorn Oberland BahnIch habe es nicht darauf ankommen lassen. Es gibt da ein wunderbares Bähnli von Brig nach Göschenen, tucker tucker, dauert ewig, aber die haben sogar Velowagen dabei, absolut zu empfehlen, die Landschaft ist zum reinbeissen, saftige Hügel, wilde Flüsse, und in Brig vor dem Bahnhof kann man französische Aprikosen kaufen. Unbedingt viel Wasser mitnehmen, es ist heiss und stickig in diesen Zügen, manchmal wenigstens.

Schöne Campingplätze habe ich vom Zug aus gesehen, ein paar alte VW-Busse mit Sonnensegel und so, schon wieder Mannen, mit dicken Ranzen diesmal, hocken drunter – vielleicht mach‘ ich dort dann noch ein paar Tage Ferien, diesen Sommer.

Die ganze Reise ab Bern dauert gute 5 Stunden bis Bellinzona. Aber das Velo ist dabei. Und ganz ohne Bag. Aber mit Billet, achtung dann. Sonst kann’s teuer werden – die SBB soll in letzter Zeit kräftig Umsatz mit den neuen Strafzuschlägen gemacht haben, ich war selber Zeuge eines gnadenlosen Kondis, 120 Franken hat er für ein fehlendes Velobillet aufgeschrieben!

Bei der SBB ist die Strecke schwer zu finden, wohl wegen der Privatbahn dazwischen? Bei ‚Via‘ muss man Andermatt eingeben, dann sollte es klappen.

Viel Glück, lasst von euch hören. Wenn ich später noch Zeit habe, gebe ich euch die Geheimtipps in Bellinzona durch…

Aber jetzt will ich ein bisschen in meinem Kindle rumlesen, meine Güte, ein total unterschätztes Gerät – habe mir grad die Lektüre für die 20 nächsten Jahre runtergeladen, das meiste gratis oder so um die 1 bis 2 Euro: die gesamten Werke von Dumas, Stendhal, Balzac, Zola, Flaubert, Maupassant, wenn ich denke, dass ich dafür bisher gute 1000 Euro in Plèiades angelegt habe… ein Meter im Regal, und das nur für das berühmte fremdwörtliche Erlebnis (Haptik Hapdick Habdich oder so…) – im Moment lese ich gerade den Robinson Crusoe, im Original, logisch, Weicheier!

Ein detaillierter Erfahrungsbericht meinerseits ist geplant, ist das wirklich mein Ernst? Vielleicht schon, denn fast hätt‘ ich es vergessen: Ich habe im Kindle Amazon Shop auch die bisher unterdrückten verbotenen vergriffenen seltenen schwer aufzutreibenden Werke von Oskar Panizza gefunden, Tagebuch eines Hundes, Genie und Wahnsinn, Das Liebeskonzil – alles kraft Urheberrecht von der erbberechtigten Familie im Giftschrank weggeschlossen, bei Strafandrohung, klar. Jetzt gibt es die Sachen also wieder. Allein das wiegt den Hunderter für das simple Gerät mehrfach auf! Glaubzmer!

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