Veloverlad – ein interessante Blog, glaubzmer

04/07/2014

Morgen zu den Schweinen

Filed under: Essen,Unterwegs — Hotcha @ 21:45

Mein Ferienradius wird zunehmend enger. Eigentlich wäre ich ja gerne nach Portugal gefahren, aber die Zugverbindungen sind unmöglich und unter 500 Franken ist nix. Bus will ich nicht fahren, zu oft hört man von übermüdeten oder sonstwie beeinträchtigten Fahrern. Bleibt praktisch nur noch Frankreich oder Deutschland. Italien war mir beim letzten Mal zu teuer, das Essen nicht der Hammer, eingepackte Früchtegipfeli zum Zmorge? Den Respekt vor meinem grauen Haupt habe ich geschätzt. Aber das kriege ich auch in der Bretagne.

Und so geht es also wieder mal dort hinauf. Zu den Schweinen, den ominösen, die man aber nie zu sehen kriegt. Ihre Pisse und Scheisse allerdings, die ist unübersehbar. Nicht direkt, aber scheints soll die Algenplage mit der grossen Schweinepopulation zusammenhängen, der temporären. Lange sind die ja nicht dort, eine Saison nur, dann sind sie Wurst. Ich lästere nun hier, dabei liebe ich die Andouillette über alles. Schweinearschlöcher, zusammengepappt und mit Fett eingekleidet. Wenn man sich mal dran gewöhnt hat, braucht man seine wöchentliche Dosis. Es gibt sogar eine Vereinigung, die sich der Huldigung dieser wunderbaren Wurst verschrieben hat. Sie heisst: AAAAA.

Ich verarsche euch nicht.

Olivia Mokiejewski, die mit dem frechen Coca-Cola-Film, hat einen Film über die Säuli gedreht. Une vie de cochon.

Das Billet kostet 260 Franken, wenn’s mir recht ist, damit kann man drei Tage lang durch Frankreich brettern, so man einen Platz im TGV kriegt. Das Velo bleibt zu Hause, werde mir so einen komischen Wandergöppel mieten müssen.

Vielleicht in zwei Wochen hier mehr davon. Wenn es die Lastwagenbeiz im Nachbardorf noch gibt, die mit dem offenen Wein auf dem Tisch, den Terrinen und Crudités zum Entrée, Choucroute de mer als Hauptgang und der Apfeltorte zum Dessert.

Platz.

02/07/2014

Hamburger Hell oder wie ich Diealektik kann

Filed under: Essen — Hotcha @ 18:23

Am Wochenende habe ich an der Bieler Barbarie den besten Hamburger seit 45 Jahren gegessen. Diesen, den ersten Hamburger meines Lebens habe ich 1969 in London gehabt, jawoll, und der kam aus einem fahrenden Wägelchen aus einem Sud, unvergessen. Und nun eben an der Barbarie. Mit Fleisch vom Metzger Häberli und Brötli von der Rüfenacht-Dynastie. Und wo ich heute beim Häberli vorbeikomme, lobe ich ihn kurz zur immer offenen Tür hinein, worauf er mit einem spitzbübischen „Das waren dieselben, die ich hier in der Auslage habe“ – ich gestaunt und nach 50 Metern Umkehr gemacht, ihm drei abgekauft. Das Stück 2.60 oder so. Siehe Foto.

Danach habe ich noch Brötchen gesucht. Nirgends Hamburgerbrötchen. Bei keinem Bäcker. Bei Rüfenacht nur auf Bestellung. Einer wusste nicht mal, was Hamburgerbrötchen sind. Nach einem Abstieg in die Unterwelt der Bieler Supermärkte, die die Lebensmittel komischerweise alle im Keller verkaufen, weiss ich nun, wieso das so ist. Hamburgerbrötchen bringen dem Bäcker garantiert kein Brot, nur Arbeit und garantierte Verluste. Hamburgerbrötchen heissen Buns, und die gibts sackweise in den Supermärkten. Was einen Kulinar wie mich nicht sehr anmachen kann. Also habe ich wenigstens die Bunsäcke in den Warenhäusern besonders gut angeschaut, war bei Migros Coop Manor. Und bei Manor habe ich endlich begriffen, was ich im ’68 nie schnallte, was aber so gut tönte, Diealektik, materialistische gar. Oder so ähnlich, Studierte dürfen jetzt korrigieren.

Also, bei Manor schauten die Brötchen am schönsten aus, die Säcke am farbenfrohsten, die Preise nicht höher als bei den historischen Preisbrechern von der Migros. Komisch, nicht? Manor ist doch bekannt für seine eher hohen Preise. Bis ich mir die Säcke näher anschaute. Auf einem glänzte gross: „Ohne Palmöl!“ Palmöl ist in diesen Brötchen also sonst drin? Meine Güte. Bzw. Aw May Goad! (Hamburger Speak hehehe). Allerdings kein Wunder: Ausnahmslos alle Produkte kamen aus Frankreich oder dem Benelux. Aus der EU also. Die es mit der Qualität nicht so eng sieht wie die Schweizer. Es gibt genug Dokumentarfilme über die Möglichkeiten, die die EU-Gesetzgebung bietet, den widerlichsten Mist in einer Lebensmittelverpackung zu verkaufen. Ein Engländer hat sogar mal die Probe aufs Exempel gemacht und ist bei allen Zutaten bis zur untersten zulässigen Sauereigrenze gegangen. „Britain’s really disgusting food“ hiess die Serie, hier ist nur einer davon, per Eilklick für euch rausgeholt. Man muss sich das alles ansehen, es lohnt sich, das lernt Lesen.

Denn ich habe schnurstracks diese Vorspiegelung von Biofood, diesen komischen Manor verlassen und bin halt rüber ins Coop. Und richtig, wie vermutet: Dort ist wenigstens alles aus der Schweiz, und es wird durchgängig Rapsöl verwendet.

Kurz und gut: EU-Ware darf laut Gesetz gruusiger sein als solche aus der Schweiz. Wer nur EU-Ware anbietet, um die Preise zu halten, ist ganz einfach sauteuer, und dort werde ich künftig leider nicht mehr einkaufen können. Denn Lebensmittelhandel und Gastronomie haben als wichtigstes Kapital nun mal das Vertrauen ihrer Kundschaft – Manor hat das verloren, tut mir leid. Per Zufall habe ich in deren schwarze Seele geblickt, und nun ist alles klar, da können die noch lange mit pseudohandwerklichen Lebensmittelinseln dergleichen tun, sie kämen direkt aus Emmental Piemont Toscana etc.

Low Food.

Powered by WordPress , using Bruder Bernhard's theme of the Nackthalshuhn