Wer Veloverlader ist, hat schon seine negativen Erfahrungen mit der Velopolitik der SBB gemacht. Und kann sie auch mit einigen wenigen Sätzen beschreiben.
Selbstversuch: Wieviele Sätze brauche ich?
- Vorrang haben die Passagiere
- Velos sollen sich den Platz mit Kinderwagen teilen, die Besitzer der jeweiligen Fahrzeuge sollen sich untereinander arrangieren
- Infrastruktur für Velomitnahme wird nicht ausgebaut, sondern es werden die Velovermietungen an den Bahnhöfen forciert
- und, ah ja, sperrige Gepäckstücke wie Riesenrollkoffer dürfen ruhig die wenigen Veloabteile mitbenutzen
Dass der Tagesanzeiger heute schreibt, „Die SBB könnte viel velofreundlicher sein“, das bringt mich nur noch müde zum Lächeln. Die im naiven Grundton gehaltene Erzählung ist nur auf Entrüstung gebürstet und bringt wieder mal all die Gruselstories von lüftelnden Zugbegleiterinnen, Fast-Prügeleien mit dem Kondi oder Animositäten gegenüber den anderen Zugbenutzern zum Vorschein.
Man spürt die Absicht und ist verstimmt – purer Populismus, Klickfängerei.
Statt rumzujammern könnte die Zeitung ja mal das Thema recherchieren. Der Fragen wären genug:
- Wie hoch sind die SBB eigentlich genau subventioniert?
- Was sieht der Leistungsauftrag des Bundes eigentlich vor zum Thema Velo?
- Wieviel würde es die SBB denn kosten, die Bedürfnisse der Velo-, Tandem(!)- und Elektro(!)velofahrer zu befriedigen, d.h. an jeden Zug wieder einen Güterwagen anzuhängen?
Denn so wie es aussieht, ist der Politik das Velo so ziemlich egal. Damit sind keine Wählerstimmen zu gewinnen; man vertäubt damit eher die Autofahrer, 80% der Erwachsenen.
Es braucht einen konkreten Auftrag an die SBB, sonst wird hier nie etwas passieren. Denn die Absicht der SBB ist klar, sie war vor Kurzem in der selben Zeitung zu lesen, in der Annette Michel bloggt… Daraus habe ich oben auch die Haltung der SBB destilliert. Es wäre also an der Zeit, Neues zum Thema beizutragen, Tagesanzeiger.
Ein wenig schäme ich mich immer, wenn ich auf ruppige Kinderwagenwegsteller treffe, die Platz für ihr Velo schaffen – schliesslich seien sie die einzigen, die extra dafür bezahlen. Sie finden sich logischerweise in der Kommentarschlange zu Michels Blogbeitrag ein. Lest selber.
Als ob die Gepäckmitschlepper und die Kinderwagen nicht auch ein Recht auf Mitnahme hätten.
Wir, Velofahrer, Kinderwägeler, Rollkofferschlepper, Kondi und Zugbegleiterinnen etc. sollten uns alle ein wenig entspannen, es hat keinen Sinn, sich gegenseitig auf den Grind zu geben. Denn genau das ist eine der Absichten der SBB-Führung, sie betreiben ganz offensichtlich eine Teile-und-Herrsche-Politik. In diese Falle sollten wir nicht laufen.
Der Jammerbeitrag im TA von heute
Das hätte Annette Michel vor dem Jammern mal lesen sollen
Eine interessante Recherche hat z.B. Michael Lütscher hier begonnen
Soll ich jetzt noch über die neue Mode fluchen, als Velofahrer in der Stadt den Tunnelblick aufzusetzen, durch Quartiersträssli zu rasen und Bummler wie mich unversehens und ohne Warnung mit Vollgas rechts zu überholen? Ein andermal vielleicht, für heute nur soviel:
Solche Velofahrer gehören nicht auf die Strasse. Keine Solidarität mit diesem Egopack.
PS: ich habe seit Jahren das Velo-GA, fahre damit überall hin, auch wenn ich etwa irgendwohin in die Pampa zur Arbeit muss – das Velo kommt immer mit. Wenn’s sein muss im Bag.
PPS: ein eingeheirateter Verwandter ist Lokführer auf diesen Intercity-Zügen, wo reserviert werden muss. Er hat die Veloverlader total auf dem Kieker, weil das Veloabteil an die Führerkabine grenzt. Wenn Velos einfach so reingestellt werden, versperren sie seinen Fluchtweg, den Notausgang. Ich kann mich des Verständnisses für seinen Ärger nicht ganz erwehren….