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13/04/2015

Wirten kann jeder – 18 Monate lang, allerihöchstens

Filed under: Essen — Hotcha @ 14:45

Ein Cordon Bleu in einem der erwähnten Bieler Restaurant, ziemlich übel

Ich denke, 18 Monate hat es das Restaurant Zur Brücke hier in Biel-Bözingen nicht ausgehalten. Es war vielleicht ein knappes Jahr. Anfangs Monat habe ich die Wirtsfrau das Dach des Fumoir-Anbaus schrubben sehen, sonst war schon leer geräumt, und nun ist niemand mehr da, die Storen bleiben unten.

Die Vorgänger hatte ich auch noch erlebt, sie gaben ebenfalls nur ein kurzes Gastspiel. Diese waren aber, von blossem Auge sofort erkennbar, heillos überfordert und plauderten lieber mit ihren auf ein Käfeli reingeschneiten Bekannten als sich um Essensgäste zu kümmern. Leute, die sich mit irgendeinem Kapital einen kurzen Abstecher ins Unternehmertum gönnten. Von Wirten, Gastronomie, Gastfreundschaft keinen blassen Schimmer. Die tun mir ein bisschen leid, denn wahrscheinlich haben sie da irgendein Vermögen durchgebracht, sei es ein Erbe, sei es die Pensionskasse.

Beim Nachfolger sah es schon besser aus – da hing sogar der Menüplan der Woche aus, und es gab nicht immer nur Teigwaren oder Reis, Junggesellenküche, Pouletschenkel, rasch Hingehauenes, auf jeden Fall hatte mich ein Menü interessiert und ich wollte an diesem Tag dann sicher vorbei gehen. Vorher aber hatte ich mich noch beim Wirt erkundigt, ob er wohl die Herkunft des Fleisches deklarieren könnte, diese Angabe fehlte auf der Karte.

Er hat passiv-aggressiv reagiert, das mag ich ganz besonders gerne. Und ich bin da nie da Essen gegangen, weil während der ganzen Zeit blieb die Wochenkarte praktisch unverändert, und das Fleisch wurde nie deklariert. Und jetzt ist also zu. Und noch kein Nachfolger in Sicht.

Nur ein paar Schritte weiter, im Rebstock, dort sind wir Männer im Übergwändli. Manchmal ist es nicht schlecht. So zwei, dreimal pro Monat steht etwas auf der Tafel draussen, was ich nicht selber schnell in die Pfanne hauen kann, Braten mit Kartoffelstock etwa. Dann esse ich dort, mit Trinkgeld etwa 22 Franken, das ist für unsere Gegend eher teuer. Und wenn er dann, wie heute, für dieses Geld nur Pouletschenkel auf den Tisch bringt, oder Spaghetti, oder Pizza, oder Reis mit Geschnetzeltem, dann ist das nix für mich. Kann ich ja grad so gut im Migros essen.

Der Koch findet sich selber aber wahrscheinlich gut. Weltläufig. Jeder Teller wird vor Verlassen der Küche mit einer Balsamico-Karikatur abgespritzt, die unbeschreiblich gruusig ist, wirklich. Letztes Mal fand sie sich sogar auf einem Teil der Pommes Frites. Ich habe aber Angst, bei der Bestellung diese weglassen zu lassen, weil er mir dann vielleicht in die Sauce spuckt, dem Banausen, dem Zweifler an seiner Kunst.

Eigentlich wäre ich ja jetzt beim Essen statt am Schreiben hier, aber ich bin nun eine geschlagene Stunde mit dem Velo durch die Stadt gekurvt auf der Suche nach einem anmächeligen Menu, irgendwo. Furchtbar, diese Abgründe, überall nur Convenience, Schnellbleiche, wo’s garantiert keinen Koch braucht, aufwärmen langt. Bratwurst mit Zwiebelsauce und Rösti-Ecken. Die Sauce aus dem Sackerl, die Ecken aus dem Packerl. Jede Wette, da brauch ich gar nicht rein gehen dazu.

Kürzlich, ein düsteres Restaurant in Mett, seit sicher dreissig oder vierzig Jahren unverändert grauslich eingerichtet, dort ist der Koch nicht mal genügend interessiert, die Menutafel rauszustellen, die steht versteckt im Eingangsbereich drinnen, das Menü war Kartoffelstock Braten Suppe Salat, Gäste hat’s da fast keine: Die Suppe war schon aus, und als ich antwortete, doch, das macht etwas, wurde mir vorgeschlagen, man könne mir eine Bouillon machen. Eine Bouillon. Die kennen keine Scham, weil sie es einfach nicht besser wissen, wie Adam und Eva, bevor die Schlange da war.

Manchmal täte ich gerne zeichen können wie Wolinski und diesen Köchen jeweils ein Porträt hinterlassen – oder besser noch, wie Reiser, der mit den schmuddligen Unterhemden, durchhängenden Unterhosen, Stachelbeeren hängen raus.

Kurz – heute also die ganze Tour gemacht und beim allerbesten Willen nichts gefunden für das normale Budget. Am Schluss bin ich dann halt noch in ein Migros Restaurant, ohne rechte Überzeugung, und es brauchte nicht viel, mich wieder umkehrt machen zu lassen. Pastetli-Pommes Frites wäre die Wahl gewesen, das ist mein Ausweichmenu, wenn gar nichts geht, aber das geht immer. Nicht so diesmal. Die Pommes Frites warteten, schon gebacken, in der Stahlwanne, neben der Pastetlifüllung in der anderen Stahlwanne, oben hatte sie schon einen leichten Belag. Noch kurz die anderen Auslagen im Büffet ausgecheckt: Unglaubliche Sachen lagen da um 13:00 Uhr in den Wannen, eine noch ganz unberührt, Teigwaren mit eingetrockneter Tomatensauce haben sich in mein Entsetzen eingebrannt, wie ist so was möglich?

Mein Mittagessen war am Schluss eine kalte Dose Cola.

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