Veloverlad – ein interessante Blog, glaubzmer

14/01/2014

Backpacking in Wien

Filed under: Unterwegs — Schlagwörter: — Hotcha @ 06:25

Im letzten Jahr war ich zweimal kurz hintereinander in Wien, in der Tiefsaison, weil es mir so gut gefallen hat. Nun bin ich wieder hier, es ist wieder Januar, der Faschoball steht wieder vor der Tür, die Demos werde ich dieses Jahr aber verpassen, am 24. Januar bin ich schon nicht mehr hier. Der Faschoball, das ist dieses Burschenschaftenzeugs, nicht etwa der Opernball. Will jetzt die Details nicht nachgoogeln, vielleicht ergibt sich später eine Gelegenheit, das rechte Wien zu Boden zu bloggen.

Ich hätte wieder ins selbe Hotel wie letztes Jahr gehen können, eindeutig der beste Deal hier, Cyrus im 10. Bezirk. Dort hätte mich die Woche inkl. Frühstück ca. 200 Franken gekostet. Das hätte mich gereizt, aber noch mehr hat mich der Versuch gereizt, jetzt mal eins der zahlreichen Massenlager auszuprobieren. Viele Hotels und Hostels hier bieten Übernachtungen im Mehrbettzimmer an, und ich habe mich für das günstigste entschieden. Sage und schreibe 59 Franken. Für die ganze Woche. Dafür krieg‘ ich andernorts knapp anderthalb Nächte. Hin und her habe ich überlegt, war zwischendurch drauf und dran, zu annullieren und doch ins Cyrus zu gehen – aber der Grind gab es mir nicht zu, und jetzt bin ich also hier, im Sechsbettzimmer bzw. in der Hotellobby, morgens um halb sieben, die Musik ist diese Allerweltspopmusik, die weder an- noch abturnt, in akzeptabler Lautstärke, immerhin aus JBL-Boxen.

Das bringt mich auf den Gedanken, meine gut abdichtenden Kopfhörer aufzusetzen – et voilà.

Diese Kopfhörer haben mir diese Nacht gute Dienste geleistet. Ich habe nicht gewusst dass Männer so schnarchen können. Die armen Frauen. Wäre ich eine, wie würde ich wohl damit umgehen, dass ich vorher nie weiss, was der Kerl für einen Mais macht in der Nacht? Das muss wirklich nicht einfach sein.

Dabei sind wir nur zu dritt im Zimmer, wo zwei Betten dicht nebeneinander stehen, zusätzlich zwei Kajütenbetten in den Ecken. Wenn das voll ist, potz Blitz. Muss noch etwas rausfinden gegen den Geruch fremder Schweissfüsse. Als ich gestern abend ins Zimmer kam, gegen 22 Uhr, lagen die anderen beiden schon im Bett, der eine versuchte zu schlafen, der andere war mit der Fernbedienung für den 12-Zoll-Flachfernseher an der Wand beschäftigt, bei Zimmerlautstärke. Wenigstens darum muss man sich keine Sorgen machen, Parties sind per Hausordnung untersagt, Geräte können sogar beschlagnahmt werden, so ist es wenigstens angeschlagen.

Also, wo ist nun der Unterschied zum richtigen Hotel, wo ich alleine in einem Zimmer bin?

Wäre ich alleine im Zimmer, würde ich jetzt nicht schon in der Welt herumbloggen, so früh am Tag. Man ist halt nur im Zimmer zum Schlafen, ansonsten unterwegs oder eben hier unten in der Lobby, ein riesiger Aufenthaltsraum mit Bar, Automaten, gar einer Kinderspielecke, WC-Anlagen, so muss man nicht am Morgen früh das Zimmer verstinken, ich hoffe bloss, die anderen halten das auch so. Gestern abend hatte ich nicht diesen Eindruck.

Das Hotel ist gleich hinter dem Hauptbahnhof, momentan noch eine gewaltige Baustelle. Gestern abend um 19 Uhr, auf dem Weg hierher, da ist mir eine ganze Gruppe kräftiger verdreckter Männer entgegen gekommen, offenbar eine Brigade aus Polen oder aus früheren habsburgischen Untertanengebieten. Dabei ist doch die Xenophobie in Wien und in ganz Oesterreich allgegenwärtig. Aber wahrscheinlich fällt sie mir hier nur stärker auf, weil die Zeitungen in Oesterreich ja fast ausschliesslich dem härtesten Boulevard frönen, etwas wie den Tagesanzeiger gibt es hier gar nicht, ausser man wolle den eher freakigen Standard mit einer unserer Tageszeitungen vergleichen.

Das ist also das A & O Wien Hauptbahnhof. Ganz neu, ganz billig, ganz nett. Und auch in teureren Hotels hatte ich schon kunststoffbeschichtete Betten. Bin ich der einzige, der da pflotschnass und schweissgebadet erwacht?

Der Link: http://www.aohostels.com/de/wien/wien-hauptbahnhof/

Update

Ein Update, 9 Stunden später, hier in meinem Arbeitsjournal

13/01/2014

Nach Wien ins Männerheim

Filed under: Unterwegs — Schlagwörter: — Hotcha @ 06:53

Heute startet mein Versuch, eine Woche Wien so billig wie möglich. Ich schiesse mich wahrscheinlich ins Knie, wenn ich jetzt ins Detail gehe. Also lasse ich es vorläufig bleiben, gute Adressen soll man für sich behalten, sonst hat die Herrlichkeit bald ein Ende.

Aber soviel kann ich schon verraten: Für den Zug zahle ich 58 Euro Züri-Wien-Züri. Für das Hotel gar noch weniger, Montag bis Samstag 56 Franken! Allerdings: Ohne Frühstück. Da werde ich mir dann ein Warenhaus suchen.

Geheimnisse werden ausschliesslich in meinem Arbeitsjournal verraten, und auch da nicht alle hähähä.

30/10/2013

Griessbrei in St. Louis

Filed under: Essen,Unterwegs — Schlagwörter: , , , — Hotcha @ 08:03

Darmbakterien, MRSA-Erreger (im Volksmund auch Spitalkäfer – multiresistente Bakterien), dann aber auch Hundescheisse, Spöifer, Köderlig, Grüne – das tummelt sich alles auf den Böden unserer Züge. Deshalb solle man niemals eine Tasche auf den Boden stellen, die dann später auf Stühle gelegt, aufs Bett geworfen, auf einen Tisch gehoben wird. Irgendwie einsichtig und doch überraschend, oder nicht? Wer denkt denn schon an sowas?

Vis-à-vis von mir, die Dame im Basler Trämli inspiriert sich sichtlich vom Daig, also den oberen paar Dutzend der Basler Bourgeoisie. Soll ich es ihr wohl sagen? Da nimmt sie aus ihrem Säckli ein Heft „NZZ Residence“ hervor, ganz offensichtlich die gehobene Variante von „Schöner Wohnen“. Sie würde besser „Heim und Keim“ lesen, vielleicht stellte sie dann ihr über alle Massen gediegenes Papiertäschli aus der Edelboutique Irgendwas, Paris nicht auf den Fussboden.

Hösch!

Ich verfahre immer noch mein 2-Wochen-Ferien-GA – heute wollte ich mal ganz ganz früh auf die Piste, um 6 Uhr war ich schon am Bahnhof und in einen Bummler nach Neuchâtel-Yverdon-Morges gestiegen. Nur hatte ich dummerweise meine ganzen Geräte nicht aufgeladen über Nacht, und in diesen Zügen wird mit Steckdosen noch gegeizt. Ich fand jedenfalls keine. Und musste deshalb in Neuchâtel aussteigen, um einen Zug mit Auflademöglichkeit zu finden. Das war nicht ganz einfach. In allen Regionalzügen: Kein Strom.

Und so landete ich dann in Basel, frisch aufgeladen. Immer noch in aller Frühe. Wohin jetzt? Ins Tram nach St. Louis, grad an der Grenze. Noch eine halbe Stunde Fussweg, und man steht mitten im irgendwie elsässischen Städtchen. Grad hinter der Grenze regiert noch der Depro, geschlossene Restaurants, ein paar Bewohner führen ihren Hund aus, meist nur notdürftig bekleidet, im Trainer, hinten drauf steht noch ‚Novartis‘.

Im Städtchen ein richtig schöner Buchladen mit Papeterie, Filmen, CD, eine gute Auswahl. Sie hebt sich angenehm ab von den Panikbuchläden in der Schweiz, die mit Engels- und sonstiger Esoliteratur zu überleben versuchen. Im Inneren Zettel, man solle sie doch durch Einkäufe unterstützen, sie würden bald von ihrer Kette ausgegliedert und durch die Angestellten übernommen, Einkäufe sicherten Arbeitsplätze. Fast wäre ich eingeknickt und hätte die Memoiren von Salman Rushdie gekauft, aber die französische Übersetzung kann mich nicht richtig packen. Oder George A. Romeros ‚Zombies – The Dawn Of The Living Dead‘ für nur 9.99 € stelle ich wieder zurück ins Regal – jetzt habe ich den doch grad vor ein paar Tagen anderswo gefunden.

Stunden scheinen vergangen – ich komme an einem elsässer Markt vorbei und kaufe frisches Geflügel, um dann aber endlich am Ziel meiner Wünsche anzulangen: Eine richtige französische Beiz, ein Wirtshaus, Leute sitzen draussen an der Sonne, weitere bilden eine kleinere Traube am Tresen. Da will ich essen, auf der Tafel steht auch Osso Bucco angeschrieben.

Eine hohe Decke, ein recht grosser Saal, effiziente Damen im Service und ein imposanter Wirt, der die meisten Gäste persönlich begrüsst. Es ist 11 Uhr, die Tische werden für das Mittagessen gedeckt, der riesige Flachbildfernseher mit dem Regionalprogramm angeworfen, zwischendurch ein Schwätzchen mit einem der Gäste, die immer mal wieder zum Rauchen auf die sonnige Terrasse raustreten, alle schon älter, dem Apéro zugetan, die Jackenärmel gern auf Halbmast raufgekrempelt, der frischen Herbstluft zum Trotz. Das ist das Restaurant La Poste in St. Louis, Frankreich – in komfortabler Gehdistanz vom Basler Zoll.

Das wird hier jetzt zu lang, Essen kennen wir ja alle, ihr wisst unterdessen auch was ich gern habe: Alles was aufwendig lange gekocht oder gebraten oder geschmort werden muss. Hier bin ich voll auf meine Rechnung gekommen: Das Entrée war ein Kruditätsteller mit ausgezeichnetem Schinken, und dann der Hammer: Osso Bucco, etwa 4 der Pfoten, lange geschmort, schon fast ein wenig karamelisiert, und dazu Semoule de blé, Griessbrei! Aber so wunderbar fein, ein wenig wie Polenta, aber cremiger. Eine Überraschung, ja eine Inspiration.

Wieder mal Das Kochbuch für den hauswirtschaftlichen Unterricht aus dem Regal ziehen. Unbedingt.

PS: habe das im Migros Restaurant Grenchen fertig geschrieben, zwischen zwei Zügen. Als ich den letzten Schluck Kafi runterschütte und mich eilig ans Aufschliessen meines Velos mache, kommt schon eine alte Frau auf die Terrasse und weist mich zurecht: „Und de wägruume, do mues me wägruume!“

Das Wort hat Marc, Stude. Im Hintergrund: Besagte Terrasse.

25/10/2013

In die Pfanne gehauen

Filed under: Essen,Unterwegs — Schlagwörter: — Hotcha @ 13:43

Viele gute Erinnerungen verbinden mich mit der deutschen Küche. Angefangen bei den Schäufele in Nürnberg mit babykopfgrossem Kloss dazu, der Wirt bot jedem 100 DM, der ihn aufisst. Die Währung, die scheinbar viele wiederhaben wollen, steht auch für die Epoche – das war in den 80ern. Für uns kleine Schweizerlein, auf Tour in West- und Ostdeutschland, war die dortige Küche immer wieder für eine Offenbarung gut. Und sei es auch die berüchtigte Brühwurst auf DDR-Autobahnen für 1 DM – unser Schlagzeuger war danach eine ganze Nacht lang ernsthaft krank, ich habe die Geschichte auf meinem Musikblog mal erzählt.

Doch nicht nur schlechtes Essen wurde gekotzt, auch gutes. Weil Mass halten ist nicht mein Ding, es wurde mir mal das Goldfischsyndrom attestiert (frisst so lange es hat, kann dadurch zum Platzen gebracht werden). Balkanplatte ist mein grosser Favorit, verschiedenste Sorten Fleisch, Reis und Pommes Frites! Wir hatten auch schon mal unser Essen am Tisch stehend, in der Kälte draussen, turnend sozusagen eingenommen. Warum? Weil die Balkanplatte so fein und üppig war, dass wir fortlaufend Kalorien verbrauchen wollten, um den Genuss so richtig auszudehnen.

Ich bin also vom Fach.

Mein liebster Nachbar ist Mehmet, er vom Balkangrillhouse Bözingen. Bei ihm esse ich häufig, in den Sommerferien schon fast täglich. Dadurch habe ich guten Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen eines Restaurantkochs. Das ist bei uns immer wieder unerschöpfliches Gesprächsthema: Wo kauft man die besten Pommes ein, wer verkauft anständiges Lammfleisch zu einem günstigen Preis, wer frisches Gemüse.

Das Wohl unserer Gäste liegt uns sehr am Herzen. Deshalb legen wir großen Wert auf Service und Gastfreundschaft. (Aus der Webseite des Restaurants Dionysos Rheinfelden).

Das sagen sie alle, die griechischen Restaurants in Deutschland. Die müssen alle denselben Werbetexter haben.

Dann sollte aber folgendes nicht passieren:

  • Ich erblicke fritierte Sardinen auf der Liste der Vorspeisen (€ 4.90). Sardinen, da kann ich nie widerstehen. Zur Sicherheit frage ich nach, ob es sie denn heute auch gäbe. Der Kellner, welcher übrigens den Geruch kalten Schweisses ausdünstet: „Alles was auf der Karte ist gibt es auch. Was nicht auf der Karte ist gibt es nicht“. Paff! Ok. Ich war gerade mal 10 Minuten im Lokal.
  • Da ich auch Lust auf den Bauernsalat und das selbst gebackene Brot habe, bestelle ich diese, nachdem ich mich vorher beim Keller vergewissert hatte, dass die Sardinen mir nicht schon im Vorfeld den Magen füllen würden. Wieviele Sardinen es denn sein würden? „Das weiss ich nicht, wenn Koch Lust hat, sind es viele, wenn keine Lust, sind es weniger“. Schladaing!

Als ich mich beim Abrechnen am Schluss noch neugierig erkundige, ob die sechs Sardellen nun viel oder wenig waren, weiss er es plötzlich ganz genau: „Es sind immer sechs, weil dann kann man dekorieren drei links und drei rechts. Mit allem ist das so, Fisch, Crevetten.“

Aber genug des armen Teufels – er scheint seinen Beruf wirklich nicht zu mögen, das will ich ihm nicht verdenken, ich stehe immer noch ganz intuitiv auf der Seite des Ausgebeuteten, des Lohnabhängigen, ich sentimentaler Trottel.

Lasst uns nun über das Essen sprechen.

Die Fische habe ich ja bereits erwähnt. Etwas tranig, wenig gesalzen, aber dafür gibt es ja das Salz auf dem Tisch. Sechs Stück, fingerlang (bei mir 7 cm). Ich mag das. Mit 4.90 knapp an der Grenze zur entlarvenden 5. Gleichzeitig wird mir ein bauernartiger Salat gebracht, wenig gewürzt, wenig Essig, viel billiges Öl, sicherlich nicht aus Oliven rausgepresst. Griechenland = Oliven, wir entsinnen uns?

Vorher einen feinen Ouzo, den hatte ich vergessen, sorry. Und das Hefeweizen. Perfekt. Und absolut notwendig, um das nun folgende runterzuspülen. Folgte nämlich ein Teller mit etwas schrumpligen Frites, einem Hämpfelchen Reis, dieser tadellos, und etwa sieben Stücken Fleisch, darunter ein billig wirkendes Lammkotelettchen. Und ein weisser schwerer Haufen ohne rechten Geschmack, wohl das Tsatsiki Zaziki Du ficksch mi. Letzteres gedacht über den Mann in der Küche, dem seine Griechità wohl völlig einerlei ist, so was unstolzes gibt es sonst nur noch in der Käseabteilung der Migros, diese Käseattrappen ohne Geschmack, drauf steht wahlweise Emmentaler, Appenzeller, Greyerzer und was der heiligen Namen mehr sind. Schindluder unter dem Deckmantel einer Nationalküche hier wie dort.

Fatalerweise lag über all dem der Geruch von altem Fett.

Nun weiss ich von meinem guten Kollegen vom Kebabgrillhouse Bözingen zwei Sachen mit Sicherheit: Es ist möglich, auch bei knappem Budget ausgezeichnete Frites einzukaufen. Er macht das nämlich. Seine Quelle will ich hier nicht preisgeben, aber es handelt sich um einen Discounter, er hat nach umfangreichen Tests sich für die von Aldi entschieden. Ich bin kein Freund von Discountern, aber ich muss zugeben, eine gute Wahl.

Zweitens weiss ich, wie wichtig ein regelmässiger Oelwechsel ist. Und das ist nicht billig, für den Betrag konnte ich jeweils meinen alten VW-Bus volltanken.

Kurz und gut: Wer mit grossen Worten um sich wirft, sollte diese nicht durch Taten strafen. Und ich habe möglicherweise für eine Weile genug von Experimenten dieser Art. Aber noch muss ich mein Ferienabo amortisieren, eine Woche bleibt mir. Ob es mich nochmals nach Rheinfelden zieht, diesmal zum beliebten Chinesen oder zum andern Griechen, das bleibt jetzt noch offen, solange ich noch den dumpfen, leicht bitteren Nachgeschmack des Altöls in der Kehle habe.

Doch da kommt Biel in Sicht – jetzt sofort nach Hause zu einem ganz dicken ganz süssen ganz grossen Espresso vom Italienerladen an der Ecke.

22/08/2013

Das Beste am Thurgau ist …. der direkte Zug Weinfelden – Biel

Ich werfe dem ca. 9-jährigen Knaben mein verschwörerisches Velofahrerlächeln zu – der Nachwuchs gehört schliesslich gepflegt, aufgemuntert, motiviert. Sein Rad ist an Vater’s Velo angehängt, man kennt diese ad hoc Tandems. Beide mit Helm. Eine künftige Velodynastie? Da darf ich natürlich nicht blicklos dran vorbei fahren, da wird gegrüsst.

Allein, der Knabe sieht mich gar nicht. Sein Blick geht nach hinten, sehnend, bewundernd, wo irgend ein knallgelber Tiefgelegter, Ferrari oder so, in der Tiefe der Landstrasse verschwindet.

Ein Thurgauer halt. Ein hoffnungsloser Fall, sobald er sich von Vater’s Hinterrad emanzipieren darf.

Kurz vorher die Strasse nach Roggwil (TG), nach einer langgezogenen Linkskurve eines dieser Strassenopfermemorials: Ein Kreuz, vertrocknete Blumen, verdreckte Kerzen, plastifizierte Föteli liegen im Staub („Wir vermissen Dich – Deine Klassenkameraden“). Zwei Daten, 12.12. 1990, 11.9.2011. Ein Name, Nico. Ein Kreuz, RIP. Eine Aufnahme von zwei geilen Autos bei einem wahrscheinlich gestellten Überholmanöver, die Strasse nass. Ein Computerausdruck hängt an der Mauer.

Lieber Gott, vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern …..
Gib auch ihnen die Kraft, das Geschehene zu verarbeiten und erfülle ihre Herzen mit Zuversicht, Licht und Liebe. Wir hegen weder Groll noch Vergeltung, wir wünschen uns lediglich, dass wir alle wieder glücklich werden.

Nico’s Wesen soll uns Vorbild sein.

Irgendwo dazwischen noch ein Foto eines besten Freundes, „ich bin so dankbar, dass ich dich kennen lernen durfte“, mit mir unverständlichen Schlagwörtern garniert („Industria automobilia“).

Ganz offensichtlich hat da einer die Kurve nicht erwischt und ist in die Mauer geprallt. Diese sieht aus wie eine Friedhofsmauer, jetzt mit dem Kreuz dran sowieso. Dahinter aber nur irgendein Gelände.

Ob im Thurgau oft gestorben wird? Auf jeden Fall ist Velo fahren in diesem Kanton brandgefährlich, obwohl scheinbar ein dichtes Netz von Velowegen signalisiert ist. Velowege?

Von Biel zum Bodensee, zurück über die Rheinroute Basel – Jura, das war der Plan. Die erste Etappe liess ich schon in Fislisbach (AG) ausklingen, nach zwei herrlichen Bratwürsten und ebensovielen Flaschen Bier beim Metzger Häusermann in Lenzburg. Ich schlage mich in den Forst, da weit und breit kein Campingplatz zu finden ist. Pflanze mein Zelt in den weichen Waldboden und verkrieche mich – nach 20 Minuten schlafe ich tief wie ein Ziehbrunnen.

Da, plötzlich, um vier Uhr früh ein blökendes schreiendes heiseres lautes Bellen, stossweise, in grösseren Abständen. Mein Herz rast: Ein wildernder Hund? Ich schäle mich aus dem Zelt, so leise wie möglich natürlich, und hetze zu Tale, ins nächste Dorf, wo ich auf dem Dorfplatz unter Linden zwei Stunden auf die Dämmerung warte. Kein Witz.

Unterdessen habe ich mir sagen lassen, es sei wahrscheinlich ein Hirsch gewesen.

Item, so kann ich wenigstens in aller Frühe weiter fahren. Zurück zum Wald, Zelt zusammenräumen, um sieben Uhr bin ich schon wieder auf der Strecke. Gondle bald durch frühlingshafte Aussenquartiere von Zürich, Vöglein pfeifen, Kräutlein riechen – wer hier wohnt, wohnt fantastisch, mit Blick auf die Stadt weiter unten. Wunderbar. Ruhige Tea-Rooms, beschauliche Terrassen, belehrende Slogans wie „kill den bullen – im revier und in dir!!“. Doppelte Ausrufezeichen machen mich immer vorsichtig – da haben wir es mit Hysterikern zu tun. Ich hätte es mir vielleicht noch überlegt – aber so????

Gegen Mittag bin ich in Winterthur, die Stadt ist ruhig. Irgendwie habe ich keine Lust auf die Strecke nach St. Gallen und entscheide mich stattdessen für den längeren Weg via Frauenfeld – Kreuzlingen. Keine so gute Idee. Viel Verkehr und trotzdem beschleunigt unterwegs, von Sicherheitsabstand haben viele noch nie was gehört. Ich werde häufig knapper überholt als gewohnt, kämpfe mich in grosser Hitze meinem Ziel entgegen, schliesslich wird die Mutter mit Garantie eine Ankunft zur normalen Essenszeit erwarten.

Anderntags nehme ich den Rückweg unter die Räder. Der Plan ist, in drei Tagen über Singen – Waldshut – Basel nach Biel zu fahren. Ein heisser Sonntag. Eine idyllische Uferpromenade bei Rorschach. Ein Netz von Velowegen, die urplötzlich in Kieswege münden, unvermittelt in die Hügel hinein führen, in weiten Schleifen durch die Rheinauen sich winden. Nach einem Umweg von 10 km auf einer Distanz von deren 30 wird es mir dann zu viel. Da ohne Karte unklar ist, wohin diese Wege letzlich führen werden und wie deren Beschaffenheit ist, erfahrungsgemäss eher holprig, ergebe ich mich in mein Schicksal als Veloverlader. Und suche die Station heraus, die einen direkten Zug nach Biel anbietet. Weinfelden.

Es geht nun darum, auf dem direktesten Weg von Rorschach nach Weinfelden zu kommen. Die Velowege habe ich frustriert aufgegeben. Die Landstrassen aber, die sind wie weiter oben schon gesagt im Thurgau brandgefährlich. Die erfrechen sich tatsächlich, einen Velostreifen von nur einem Meter mit einer durchbrochenen gelben Linie abzutrennen. Ein Meter. Dabei beträgt der Sicherheitsabstand schon 1 Meter 50! Den natürlich kein Thurgauer einzuhalten gedenkt. Witzigerweise aber ändert sich das, kaum habe ich meine gelbe Signalweste angezogen, der Hitze zum Trotz. Jetzt machen die Kerle doch tatsächlich einen Bogen!

Ich werde mir eine Signalweste mit dem Aufdruck „Polizei“ beschaffen müssen, das wird Wunder wirken.

Man kann nun nicht sagen, das Thurgauer Strassenverkehrsamt oder die Thurgauer Polizei, kurz die Behörden täten zu wenig für das Velo. Schliesslich will der Kanton ja auch eine Tourismusregion sein. Scheint allerdings nicht super zu laufen, ich sehe etliche Übernachtungsangebote für nur 45 Franken. Das entspricht einem Abschlag von mindestens 50 Prozent, schätze ich.

Da gibt es wie gesagt die Velowege. Gut für kleine Ausflüge. Nichts für den Tourenfahrer. Dem sei die Strasse empfohlen. Für die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung sorgen fix installierte Radarfallen. Sie sind schon von weitem zu sehen, die Standorte wohl bekannt, bei einem Beispiel sah ich sogar so 20 Meter vorher noch das Warnschild „Halt bevor’s knallt“ – und ich muss wirklich sagen, die Massnahme tut ihre sichtbare Wirkung.

Ich habe dort eine Weile fotografiert – Bremslichter habe ich fotografiert. Weil nämlich fast jedes Auto diese kurz vor dem Passieren der Anlage aufleuchten liess.

PS: !!!!!

02/08/2013

Heisse Hölle Solothurn SBB

Filed under: Unterwegs — Schlagwörter: , , , , , — Hotcha @ 14:00

Und in Solothurn dann die totale Ernüchterung – eine mehrere Quadratkilometer weite Betonsteppe legt sich um den Bahnhof. Ich habe das Gefühl durch einen Teller Erbsensuppe zu atmen. Gelberbs mit Speck, normalerweise ein Hochgenuss. Aber jetzt, im Hochsommer, bei wahrscheinlich so 35 Grad nachmittags um drei, jetzt liegt mir der Sinn ganz einfach nach Wasser. Aber aussichtslos, hier in Solothurn SBB einen öffentlichen Wasserhahn zu finden. Zur Sicherheit erkundige ich mich noch bei der schweissgebadeten Schalterbeamtin, um hier niemandem Unrecht zu tun.

Nun, erstaunlich ist es nicht, als Veloverlader lernt man die Zeichen deuten. Und das Zeichen hier ist die Blechtafel beim Eingang, wo stolz geschrieben steht: Mehr Bahnhof in Solothurn. Und darunter nur Shops gelistet werden. Die Toiletten befinden sich in der Unterführung in einem Chromstahlcontainer, 1 Franken muss eingeworfen werden, trotz der hochmodernen Anlage gibt es nicht mal Rückgeld.

Willkommen bei den Abzockern.

Bei der Hitze verlade ich das Velo bis Biel, wo ich heute morgen um 9:00 aufgebrochen bin, um zur Blutspende nach Burgdorf zu fahren. Möglicherweise war das eine Schnapsidee, aber ich hatte den Blutspendebus in Biel und Nidau am letzten Wochenende verpasst und gleichzeitig wollte ich meine erste Tour im abgesteckten Veloland Schweiz machen.
Wegweiser bei Burgdorf
Die Route 24 führt von Biel nach Burgdorf, und ich will es kurz machen: Ich bin hell begeistert. Eigentlich sollte ich die Route ja nicht empfehlen, um ihr nicht eines ihrer Merkmale zu nehmen. Ich war nämlich weitgehend alleine, zumindest auf der ganzen Strecke von Diessbach fast bis nach Lyssbach. Um genau zu sein, fast bis nach 3309 Kernenried. Schweizer Jugend säuftDort begann wieder die Zivilisation, mit Landmaschinen, den tiefer gelegten Funmobiles der Landjugend und aber auch Stauffer’s Landmetzg. Eine wirklich schöne Metzgerei mit einem grossen Innenhof, wo sogar noch selbst geschlachtet wird. Ich gehe davon aus, dass hier die Tiere nicht kilometerweit transportiert werden. Trotz der Hitze habe ich deshalb den Kauf eines Schwingerschnitzels gewagt, es wird den Transport über mehrere Stunden bestimmt gut überstehen. Auf den afrikanischen Märkten gibt’s schliesslich auch keine Kühlschränke, dort soll das rohe Fleisch auch über mehrere Stunden an den Markständen ausliegen, den Fliegen zur Freude. Man müsse es einfach lange genug kochen, dann sei das überhaupt kein Problem, erzählte eine Freundin aus Burkina Faso. Na also.

Der erste Teil der Strecke bis Dotzigen ist nicht sehr velofreundlich, mit Kindern würde ich bis dorthin den Zug nehmen. Warum ich jetzt grad an Kinder denke? Vielleicht weil eine halbgare Studie kürzlich vor ihrem Abschluss in der NZZ hämische Schlagzeilen gemacht hat, die Velonutzung bei Kindern gehe zurück? NZZ, übrigens, hier neuerdings definitiv unverlinkbar aus Qualitätsgründen. Warum, steht im vorherigen Beitrag auf diesem Blog.

Ab Dotzigen dann bis zur Passhöhe purer Veloweg, durchgehend asphaltiert (wichtig für mein Rennvelo, Feldwege sind Schlauchkiller). Unterwegs die herrlichsten Landschaften und Waldsträsslein, Bibiili und sonstige Tierli, nur leider keine Brünnelein. Oder nur solche mit Warnschildern. Also: genug Wasser mitführen.
Veloweg

In Burgdorf dann das eigentliche Ziel meiner Tour, der Blutspendebus vor dem Einkaufszentrum. Das eher konsternierte Personal gibt mir zu verstehen, dass in meinem Zustand an eine Blutspende nicht zu denken ist. Ich muss wie eine überhitzte Blutwurst kurz vor dem Platzen wirken. Dabei bin ich doch ziemlich gemütlich diese 30 Km in 3 Stunden eher gezuckelt als gefahren. Wir machen dann das Administrative klar (Krankheiten, Medikamente, Lebenswandel, Umgang, Reisen, Operationen, Adresse) – so kann ich dann in Biel im stationären Zentrum nur noch Abzapfen lassen. Den Fragebogen allerdings werde ich bestimmt nochmals ausfüllen müssen. Die Sicherheitsbestimmungen sind unterdessen extrem, der Fragebogen erstreckt sich über zwei gedrängte Spalten. Finde ich gut. Wenn ich das vergleiche mit meiner Beobachtung in Wien, wo in den heruntergekommenen Quartieren ganz gezielt über Plakataktionen Geld gegen Blut geboten wird, hoffe ich auf eine Länderkennzeichnung des Spenderblutes. Denn es ist klar, dass bei einem Blutdeal auch mal gelogen wird, etwa bei den Fragen nach dem Sex der letzten 6 Monate. Haben die in Oesterreich eigentlich keine Ethikkommission?

Ich könnte jetzt noch stundenlang so weiter erzählen, vielleicht auch ein wenig aus Protest gegen die tl;dr-Marotte? (Too long, didn’t read – wird von Langschreibern auch gern als Kurzfassungstag zweckentfremdet, Ironie oder Opportunismus?) Aber dann komme ich ja nicht mehr zum Fahren. Vielleicht später mehr aus einer anderen Veloregion. Ich habe ja diese Velowege bisher unterschätzt, nicht gewusst, dass es solch erfreuliche Routen gibt, wo die Schweiz wirklich noch über Kilometer echtes Gotthelfland ist.

Früher fand ich das bünzlig, heute fehlt es mir.

28/05/2013

Bad Bonn Kilbi mit Jandek (Phantom)

Filed under: Unterwegs — Schlagwörter: , , , , , — Hotcha @ 08:00

Das war ein echter Schock, sowohl Jandek wie auch die Flaming Lips fanden sich plötzlich nicht mehr auf dem Programm der Bad Bonn Kilbi. Und ich hatte doch extra den Samstag eingekauft, am ersten Vorverkaufstag schon. Später wäre es wohl gar nicht mehr möglich gewesen, die Festivalpässe gingen alle schon in der ersten Stunde weg. Und nun das: die einzigen Acts, die mich ausserordentlich interessiert hatten, abgesagt?

Man hat mich dann darauf hingewiesen, also das Internet hat mich darauf hingewiesen, dass ich das Programm des Vorjahres konsultiert hatte. Alles gut also. Und ich musste nun herausfinden, wie ich bei dem Hudelwetter ins abgelegene Düdingen komme, besser gesagt, was mache ich nach den Konzerten um 2:00 Uhr morgens ohne Zelt, ohne Hotel sowieso, ohne Schlafplatz?

Um eine lange Geschichte kurz zu schneiden, kann man auch direkt zum Thema springen, hier:
1 – Kilbi………
2 – Jandek………Hinfahrt………Rückfahrt

Hinfahrt

Schon klar, die Hinfahrt ist ein Klacks; einzig die Verpflegungsfrage stellt ein Problem. Ich meine, in den Bahnhofunterführungen zu extrem überhöhten Preisen diesen bizarren Ex-und-Hopp-Food verzehren, der seltsamerweise noch als „gesund“ angepriesen wird, ich bin doch nicht blöd.

In Bahnhöfen Essen verkaufen heisst Lügen lernen.

Im Bahnhof essen

Wenigstens findet sich unter all den Blinden ein Einäugiger – eine Migros Fast Food Insel. Dort kaufe ich mir ein

Steinofenbrot.

Als es mir über die Theke gereicht wird, beim ersten Drücken schon bereue ich den Kauf. Ich hätte den Mut haben sollen, das Geld zurück zu verlangen. Ich glaube man nennt diese Konsistenz ‚letschert‘ – schlaff, lampig eben. Das Brot hat mit Sicherheit weder jemals einen Stein noch einen Ofen, geschweige denn einen Steinofen gesehen. Reklamieren ist ausgeschlossen, schliesslich wissen wir alle, dass der Name mit dem Inhalt nichts zu tun hat. Rein gar nichts. Bauernbrot, Wiesenmilch, Tiefkühllasagne. Da ist weder Bauer noch Wiese noch Tiefkühltruhe drin. Steinofenbrot. Salami war drin. Salami? Normalerweise hat die einen intensiven Geschmack, diese hier hatte gar keinen . M-Budget? Aber lassen wir das Thema – es musste bloss wieder mal gemotzt werden, wo es ums Essen geht, kenne ich absolut keine Gnade. Essen ist Politik! Und diese Beutelschneiderei der Faustfoodbranche geht mir schon lange auf den Wecker. Vor allem in den Bahnhöfen, wo es keine anderen Möglichkeiten gibt.

Bad Bonn Kilbi

Ich war mir sicher, dort dann die ganze Szene anzutreffen. Hm… Ein paar Nasen habe ich gekannt, vielleicht 10 von wahrscheinlich 2000. Und den Briggi aus dem Rheintal kennen gelernt. Bei einem Drink, den er mir ginseelig anbietet. Wir hauen uns ein bisschen gegenseitig auf die Schulter, dann muss er pissen gehen und ward nimmer gesehen. Das war ca. um 18:00 Uhr. Er trug keine Sonnenbrille, da war er eine Ausnahme. Er war auch nicht allzu bleich. Immerhin war das Festival in seinem dritten Tag, viele hatten bei Kälte und Regen seit Donnerstag gezeltet. Vermute ich wenigstens. Die Zeltplätze waren voll.

Unter solch erschwerten Bedingungen mutiert gar mancher zum Rock’n’Roll Zombie, die Freundin zu Kate Moss. Finde den Unterschied.

Jandek

Ich war ja wegen Jandek gekommen. Jandek on Corwood. Ein Phantom seit über 30 Jahren. Eine Legende. Ein Mythos. Muss ich noch mehr sagen? Während Jahren war von Jandek nur soviel bekannt: Ein Inserat, eine Postfachadresse. Und dass er auf diesem (seinem?) Label Platte um Platte raushaut, alle von ihm, sicher eine pro Quartal. Langspielplatten, wohlgemerkt. Und die konnte man über das Postfach bestellen. Wir reden hier über die frühen 80er, auch das sei wohl gemerkt.

Heute erst übrigens sehe ich, es gibt unterdessen einen Film bei Youtube, der allerdings das Mysterium nicht aufklären wird, nehme ich an. Ich habe ihn mir noch nicht angesehen. Hier ist der Link, solange er funktioniert.

Hier schon mal das PS (na ja, eigentlich ein MS): ich hatte damals die ganze Produktion bestellt, im ’88 war das, das waren ungefähr ein Dutzend LPs, davon je zwei Exemplare. Versuchte die zu verkaufen. Ein Stück ging weg, danach war fertig lustig; über 20 Jahre habe ich den Packen mitgezügelt, bis ich 2009 mal die ganzen Kisten auspackte.

Unterdessen habe ich einige nachträglich über Discogs verkauft. Selbstverständlich sind die heute das Mehrfache der 9 Franken wert, die ich damals verlangt hatte. Ein weiteres Beispiel für die breite Gültigkeit des Mottos

Be There Or Be Square

… ja das Leben ist eins der Schwersten, wie auch Donald Duck immer schon wusste.

Live

Um 20:00 Uhr sollte Jandeks Auftritt beginnen. Um 19:30 stand ich schon im Zelt, um ja keine Bewegung des Maestros zu verpassen. Und ward reich belohnt. Der Soundcheck war irgendwie ein lockeres Zusammenstehen auf der Bühne, ein wenig Geräusche machen, Jandek instrumental sozusagen.

Ziemlich auf die Minute dann das Konzert. Vorher war noch ein blondes ätherisches Wesen mit einer etwas ungesunden Körperhaltung und viel zu grossen winzigen Klamotten zum Trio gestossen, das perfekte Nico-Zitat in seiner Ausstrahlung, dem original gelangweilten Rezitieren unverständlicher Texte („Flucht“ „Flucht“ „Flucht“ glaubte ich mal verstanden zu haben, aber dann liess ich die Sorge um Inhalt korrekterweise fahren). Viel Luft in der Stimme. Sie dreht ab und an an Knöpfen, dann wirds halliger oder geräuschiger. Derweil der Gitarrist im Hardrockgewande für flächige Geräusche zuständig ist, die er mittels eines Tonbandechos sowie Hauen und Stechen mit dem Instrument erzeugt. Und mit dem Gitarrenhals den Bühnenboden rechen. Diesen Trick habe ich noch nicht gekannt.

Drei Songs spielen sie, um Punkt 21:00 ist fertig. Kurz vorher hatte sich das Ende angekündigt, durch einen schnellen Blick des Drummers auf seine Uhr. Da war dem Kenner klar: Die hören genau zur vertraglich festgelegten Zeit auf.

Der Drummer übrigens spielte als einziger konventionell, aber auf technisch hohem Niveau. Es ist jetzt blöd, Vergleiche zu ziehen. Erinnerte mich an Koryphäen wie Tobi Schramm oder Lionel Friedli, sind halt beide aus Biel. Darum wisst ihr jetzt vielleicht auf Anhieb nicht grad, wer das ist. Das wird noch.

Jandek nun, er blieb die ganze Stunde über an seinem Fender Bass, und wie soll ich seine Spielweise jetzt beschreiben? Plonk Plonk ………….PlPlPlPlPlonkBrumm… Reibgliss – PloinkPlummPlamm…. reiblinksundrechtsgleichzeitigimKreisherum- gliss – Reib Plonk Plooonk Plnk.

Ein wenig wie Frank Zappa, aber total anders: Jandek arbeitet seit seiner ersten LP an seinem ganz eigenen Sound, die Worte sind total wichtig, aber man muss sie nicht verstehen, eine Melodie brauchts nicht, wozu gibt es denn Klangflächen und Pling Plonk? Ein wenig wie Frank Zappa: Schon nach ein paar Sekunden ist klar, wer da spielt.

Jandek live im Bild

Checkin

Jandek 19:38 Soundcheck

19:38 Uhr

Jandek 19:40 Soundcheck

19:40 Uhr

Jandek 19:47 Uhr

19:47 Uhr

Jandek 19:48 Uhr

19:48 Uhr

Jandek 19:52 Soundcheck or waiting

19:52 Uhr

For real

Concert 20:54 5 minutes to go

20:54 Uhr

Jandek 20:57

20:57 Uhr

Jandek 20:58

20:58 Uhr

20:59 Jandek's gig is over
20:59 Uhr

Da in der Konzertkritik heute morgen im Bund Jandek nicht einmal erwähnt worden ist, musste diese Ergänzung unbedingt sein. Voilà!

Eigentlich hätte ich dafür ja auch meinen Musigblog, vielleicht mache ich dort drüben dann auch noch was, beim Calypso Now Blog

Rückfahrt

Hätte ich das Billet schon in der Tasch gehabt, wäre ich ruckzuck zurück in Biel gewesen. Bis ich allerdings das Ticket der eher kryptischen Software entlockt hatte, war der Zug nach Bern schon weg. Und in Düdingen eine Stunde auf den Zug warten ist nicht so toll. Egal jetzt. Hauptsache für den Veloverlader: Der letzte Zug nach Bern – Biel geht erst um 0:37 Uhr! Das sind für jemand wie mich, der noch mit dem TV-Sendeschluss um 24:00 Uhr aufgewachsen ist, ganz neue, ganz hervorragende Töne.

26/03/2013

Suche Argumente für eine vorschnelle Prognose

Filed under: Unterwegs — Hotcha @ 09:52

Kürzlich im Interview bei Radio Virus wurde ich von Danilo gefragt, wie lange es die CD wohl noch gebe. Und ich Volldepp mache doch tatsächlich eine Prognose, wohl im unterschwelligen Eifer, ja keine Frage unbeantwortet zu lassen. Schüelerlis halt, das verliert man sein Leben lang nicht. Und liefere dummerweise auch eine Zahl, x Jahre. Voll unprofessionell, die typische Selbstüberschätzung, die alle befällt, wenn ihnen ein Mikro entgegen gestreckt wird.

Reflexartig erzähle ich also als Antwort eine Geschichte, eine Anekdote, sie handelte von einer Zugsfahrt und einer Beige CD, die ich in Wien gekauft und nun auf mein Telefon rippte, und einem Mädchen, das völlig verblüfft „wozu brauchst du eigentlich all diese CD?“ quer durchs Abteil fragte.


Im Nachhinein habe ich wahrscheinlich einfach so aus dem Stand richtig geschätzt. Ich bin ja überzeugt, dass die CD-Käufer regelrecht aussterben. Gut, dazu braucht es keine grosse Prognosefähigkeit.

Wozu heute eigentlich noch CD, was ist ihr Vorteil? Ich kaufe ja immer noch oder besser neuerdings recht viele CD, dies sind aber praktisch ausschliesslich Boxsets.

Grad letzte Woche habe ich die LP-grosse Box von Leonard Bernstein teilweise mir angehört. Konkret: Die 14. von Shostakovitsch, eine sehr gute Version hier. Danach dann noch den halben Sibelius. Das habe ich vorher nicht gewusst: Der Mann hat nach seiner 7. Sinfonie aufgehört zu komponieren, weil er mit diesem Werk die Vollkommenheit erreicht habe. Wenn man das dann weiss, ist es einfach, in den 23 Minuten, die die Sinfonie bloss dauert, eine Musik des Verschwindens zu hören. Mir ist es gelungen haha. Aber das auch nur, weil ich es vorher auf Wiki oder so gelesen hatte, das vom Aufhören.

Tja, und damit komme ich nun zum Nachrechnen und Nachdenken über meine Schätzung aus dem Bauch. Angesichts der Schwemme von Boxsets der letzten Jahre scheint dies das letzte Rückzugsgefecht der CD zu sein. Die letzten Zuckungen mit dem Ausmass eines Rundumschlags. Mir solls recht sein. Habe grad kürzlich die neue Verdi „Complete Works“ bestellt, komplett alles, auf 75 CD (obwohl ich mir in den letzten Jahren das alles schon in den Brockenhäusern billigst zusammengekauft habe…).

Diese Boxsets haben natürlich massive Vorteile: zur Einführungszeit oft unschlagbar billig, dabei aber die volle Tonqualität der CD, möglicherweise noch neu gemastert. Denn die CD der Gründerzeit, der 80er und 90er, die klingen oft fürchterlich. Volksmund lastet das gerne dem Medium an, „CD klingen einfach kalt“ und was der einfach zu falsifizierenden Urteile aus der Hüfte mehr sind. Die Wahrheit: Es liegt an der Aufnahme selber und/oder am Mastering.

Ein weiterer Vorteil des Boxsets ist die schiere Menge an Musik, noch der hinterletzte Ton lohnt die Veröffentlichung, da es auf eine CD mehr oder weniger nicht ankommt.

Und dies führt gleichzeitig zum gewichtigen Nachteil: Der Versand dieser Koffer ist nicht gerade günstig, beim Einkauf muss ich auch jedesmal die Zollgebühr von 18 Franken einrechnen, die bei jeder Kontrolle anfallen, ob nun Mehrwertsteuer dazu kommt oder nicht. Weiters sparen die Musikfirmen am Papier, am Druck, an Text und Bild. Verständlich, denn eine aufwändigere Ausstattung würde den Preis wahrscheinlich verdoppeln können.

Was bis dato gegen die Musikdateien à la MP3 spricht, ist einerseits der unbestreitbar miese Sound, andrerseits fehlt das Handfeste, Bildli, Cover etc. Nun, es gibt natürlich bessere Formate als MP3, verlustfreie Formate wie WAV oder FLAC; letzteres verwende ich bei mir. Wenn die Bandbreite mal gross genug ist, dass ich übers Netz den Originalklang übertragen kann, spätestens dann gibt es keinen Grund mehr für die CD. Käufer wie ich werden dann in einer App zwischen verschiedenen Räumen auswählen können, wo nicht nur die gesamte Musik eines Künstlers oder eines Labels oder eines Stils oder einer Bewegung zur Verfügung steht, sondern auch Filme, Videos, Fanzines, Bücher und Zeitschriften. Die Technologien sind alle schon da, nur die Netze, die könnten das noch nicht alles schlucken.

Vorstellbar wäre natürlich auch, dass ich mir einen Speicherwürfel kaufe, so ein NAS, das schon mit der gesamten Produktion eines oder mehrerer Labels bestückt ist, und das sich selber übers Netz à jour hält, beim Abspielen jedoch liegen die Dateien auf diesem Server.

Jetzt muss ich aufhören. Denn das ist ja nur der feuchte Traum eines krankhaften Komplettisten. Dafür gibt es keinen Markt. Ausser natürlich die jetzigen Käufer all dieser Boxsets. Und die Klangfetischisten, die heruntergerechnete Klangdichte nicht mehr aushalten. Da ich mich beiden Gruppen zurechne, sind das schon zwei Interessenten für die App-basierte Musik.

Wie der Zufall es will, fällt mir genau jetzt ein Heft von MOJO in die Hand, wo einerseits eine Komplettausgabe von King Crimsons Larks‘ Tongues In Aspic hervorgehoben,

Limitiertes Box-Set des King Crimson Klassikers mit 13 CDs, einer DVD-Audio und einer Blu-Ray.

(wohlgemerkt: dies betrifft nur eine einzige King Crimson LP!)

andrerseits die neue Doors-App von Doors-Produzent Jac Holzman bejubelt wird. Motto: Alles von den Doors…

Also, geht doch. Ah, noch die Zahl: 10. Jahre.

Und noch ein Hinweis: Wer MP3 aushält, dem empfehle ich meine Radiostation La Triperie, in letzter Zeit habe ich das Mastering in den Griff gekriegt, und die Sachen klingen bei richtig toller Lautstärke gut genug; vor allem spiele ich oft rares Vinyl.

06/03/2013

Hotcha bei Radio Virus: The Making Of The Kassettenmassaker

Filed under: Unterwegs — Hotcha @ 09:42

Ich verweise hier auf einen meiner anderen Blogs, Hotcha’s Calypso Now Label“. Gestern war ich zu Gast bei Virus, der echte 4. Kanal der SRG (oder wie sie heute auch immer heissen mag). Oder doch vielleicht der fünfte? So wie ‚Fünfte Kolonne‘? Ich würde es fast glauben, denn mich zu einem Kassettenmix nachmittags um drei einzuladen, das scheint mir dann doch recht subversiv. Oder?

Alles zum Thema also im Calypso Now Blog.

Ich war übrigens mit dem Zug dort, à propos Veloverlad… Dann aber Tram 11 bis Radiostudio (Züri).

02/02/2013

Starbucks oder Eduscho?

Filed under: Essen,Unterwegs — Schlagwörter: , , , , , , , , — Hotcha @ 17:35

Die Frage stellen heisst sie beantworten, oder? Man braucht sich nur mal die Fotos ansehen. Ok, sie sind nicht sehr gut, sie sind eigentlich sogar schlecht, aber ihr wisst ja, was da drauf wäre, hätte ich die Stimmung tatsächlich einfangen können.

Ich will es aber noch ausdeutschen, damit ihr mich versteht. Also: Auf dem Bild sieht man ein Starbucks und gleich daneben ein Eduscho…. Es geht also nicht um Raten, was da zu sehen ist, sondern einzuschätzen, welches ich bevorzuge.

Wo der eine Laden alles daran setzt, seinen Kunden das Gefühl von Abrahams Schoss zu vermitteln, verunsichert der andere durch ständig wechselndes Angebot. Leider ist nie etwas für mich dabei. Gut, beim Laptopzubehör, kürzlich, da bin ich fast schwach geworden. Diese violetten und rosa Schutzhüllen, biegsame Gummitastaturen in den selben Farben, Computermäuse mit adretten Öhrchen, die hatten es mir wirklich ernsthaft angetan. Aber glücklicherweise bin ich darüber hinaus, alles haben zu müssen. In einen meiner zahllosen Accounts habe ich ein Foto meiner Wohnung eingestellt, wer es zufälligerweise mal gesehen hat, weiss um meine Platzprobleme.

Alles klar, wo meine Sympathien liegen?

Selbstverständlich habe ich hier einfach der Überschrift halber einen Gegensatz aufgebaut, der so nicht existiert. Denn leider ist Eduscho nicht auf längeres Verweilen eingerichtet. Der wirkliche Antipode von Starbucks heisst zumindest hier in Wien MacDonalds. Und mein Lieblingsladen findet sich am Bahnhof Praterstern.

Wenigstens in Österreich bieten alle MacDos gratis Wlan an – und zwar ziemlich tifiges. Nicht nur das: Zum Teil bemühen sie sich auch um echte Gastfreundschaft. Ich habe dort schon stundenlang frisch gekaufte CD gerippt, um sie dann auf der Heimfahrt auf dem Smartphone hören zu können. Und dabei auch festgestellt, dass die kunstledernen Sitzecken nicht nur mir den Wartesaal ersetzen, den die Bahnen ja immer weniger zur Verfügung stellen. Neben mir etwa sass eine vierköpfige Lerngruppe, Schülerinnen. An einem Tisch schlief ein Mann. Und so habe ich mir diese Woche angewöhnt, dort jeden Morgen mindestens eine Stunde lang zu ‚arbeiten‘ – Blogs und Zeitungen lesen vor allem. Unvorsichtigerweise manchmal auch zu mailen, zugegeben. Unvorsichtigerweise? Nun, es hätte genügt, dass dort jemand mit Backtrack den Router belauscht. Werde auf jeden Fall meine Passwörter ändern, wenn ich wieder zu Hause bin.

Ihr lest richtig, ich bin schon wieder in Wien. Ich war ja dermassen begeistert, letztes Mal, dass ich sofort nach einer Gelegenheit suchte, die Zeit hier zu verlängern.

Und so habe ich einen Besuch in der Ostschweiz dazu genutzt, den Heimweg nach Biel über einen kleinen Umweg von einigen hundert Kilometern zu nehmen. Der Umweg nimmt zwar eine Woche in Anspruch, kostet aber dank oebb.at nur zweimal 29 €! Geheimtipp… Und die Hotels verlangen immer noch nur rund 200 € die Woche, mein neues Lieblingsetablissement Cyrus sogar noch weniger – inklusive ein wunderbares Brotfrühstück.

Wieder bin ich ohne Rad unterwegs, habe aber in den Buchhandlungen gesehen, dass es um Wien herum sehr schöne Velostrecken gibt, vielleicht schreibe ich mal im Sommer über entsprechende Erfahrungen. Schliesslich habe ich sogar Verwandte an der ungarischen Grenze, die liegt nur ein paar Kilometer von hier.

Vorher noch kurz der ultimative Restauranttipp, bevor ich heute wieder zurückreise. Habe jetzt ein paar mal in diesem Sichuan-Restaurant gegessen, und ich muss der gnä‘ Leserschaft hier unbedingt den Umweg dorthin ans Herz legen. Ich will ja nicht lästern, aber oftmals hat man das Gefühl, die wichtigste Qualifikation eines asiatischen Koches sei seine Herkunft. Wir Langnasen können ja die Küche eh nicht bewerten, mangels Vergleich mit dem Original.

Bei Sichuan steht nun wirklich ein gelernter Koch am Herd, die Bouquets der verschiedenen Gerichte sind eindrücklich, weit weg von jeglichem Einheitsgeschmack, zum Teil von einer köstlichen Schärfe, dezent und doch nachhaltig, ich werde das extrem vermissen in der Schweiz. Kann sein, dass ich für unsere Asienküche endgültig verloren bin. Ich bin sogar so weit, dass ich extra einen Kochkurs besuchen würde, einen der Richtung Sichuan. Rindszunge, Schweinszunge, Rindersehnen und Hühnerklauen kann man ja bei uns einfach auftreiben. Schwieriger wird es mit diesen getrockneten Zutaten, die Sojamilchstreifen etwa, Seetang, Wasserlilien – alles Sachen, die man vor ein paar Jahren noch leicht finden konnte. Ob ich wohl jedes Mal nach Basel fahren muss um einzukaufen? Ihr hört von mir.

Und zum Abschluss, bevor ich das da fertig geschrieben und im MacDonalds hochgeladen, war ich nochmals bei den Klauen und Därmen. Insgesamt waren das jetzt dreimal. Und ich beteuere: Auf keinen Fall verpassen!

Beim Durchlesen noch fällt mir ein, eventuell gab es diese Tastaturen etc. nicht bei Eduscho, sondern bei Tschibo. Aber dann hätte sich der Titel ja nicht gereimt mit dem Foto, dem tollen.

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